Wegen Pandemie: Plus 125 Prozent beim „Dringenden Fall“
Ausnahmeregelung genutzt: Seit April 2020 erleichtert die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung den Apotheken die Arzneimittelabgabe. Dass die Kolleg:innen die Lockerungen nutzen, macht eine Auswertung des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) zur Verwendung der Sonderkennzeichen deutlich. Demnach hat im Juli 2020 die Anzahl beim „Dringenden Fall“ im Vergleich zum Vorjahresmonat um 125 Prozent zugelegt und sich mehr als verdoppelt.
Kontakte reduzieren zählt noch immer zu den wichtigsten Corona-Regeln. Nicht nur private Kontakte mit Freunden und Familie sollen auf ein Minimum beschränkt werden, sondern auch jene mit Ärzt:innen und Apotheken. Die Hürden in der Arzneimittelversorgung soll die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung nehmen, denn sie ermöglicht ein Abweichen von den Abgaberegeln des Rahmenvertrages.
Nach § 1 Absatz 3 der SARS-CoV-2-AMVersVO dürfen Apotheken, wenn das Rabattarzneimittel oder die preisgünstigen Präparate in der Apotheke nicht vorrätig sind, von der Abgaberangfolge abweichen und ein wirkstoffgleiches, vorrätiges Arzneimittel liefern. Auch von der Stärke, Packungsgröße und Packungsanzahl sowie der Wirkstärke darf unter Einhaltung bestimmter Vorgaben abgewichen werden. Macht die Apotheke von der Lockerung Gebrauch, muss sie dies auf dem Rezept kenntlich machen. Dazu ist das Sonderkennzeichen 02567024 plus Faktor 5 oder 6 („Dringender Fall“) aufzudrucken.
„Dringender Fall“: Plus 125 Prozent
Das DAPI hat eine Auswertung der Arzneimittelabgaben zulasten der GKV mit dem Sonderkennzeichen 02567024 plus „Nichtverfügbarkeit eines Rabattarzneimittels“ (Faktor 2 und 4) sowie „Dringender Fall“ (Faktor 5 und 6) durchgeführt.
Von Juli 2019 bis März 2020 stieg laut DAPI die Zahl der abgerechneten Packungen unter Angabe der „Nichtverfügbarkeit“ von 1,77 Millionen auf 2,96 Millionen Packungen pro Monat – ein Plus von 67 Prozent. Ab April 2020 (Einführung der SARS-CoV-2-AMVersVO) nahm die Zahl an Packungen auf 690.00 Packungen im Dezember 2020 ab – das sind 77 Prozent weniger als im März 2020.
Von Juli 2019 (760.000 Packungen) bis Februar 2020 (810.000 Packungen) war die Zahl der Abgabe „dringender Fall“ relativ konstant und stieg im Juli 2020 auf 1,7 Millionen Packungen an – ein Plus von 125 Prozent im Vergleich zum Juli 2019. „Bis Dezember 2020 hielt sich die Anzahl relativ konstant auf dem im Vergleich zum Zeitraum vor März 2020 erhöhten Niveau“, so das DAPI.
„Der Verlauf der ‚Dringenden Fälle‘ weist einen entgegengesetzten Verlauf zu den ‚Nichtverfügbarkeiten‘ auf“, so die Expert:innen. Die dokumentierten „Nichtverfügbarkeiten“ fielen ab April 2020 stark ab, heißt es. Dies sei teilweise dadurch bedingt, dass diese durch die Vorgaben der SARS-CoV-2-AMVersVO in den „Dringenden Fällen“ aufgingen. Wie sich die Nichtverfügbarkeiten von Arzneimitteln im Apothekenalltag oder gar die Lieferengpassproblematik entwickelt haben, lasse sich anhand der Zahlen allerdings nicht abschätzen.
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