Mehr „Beinfreiheit“ für Apotheken: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat mit einer Eilverordnung verschiedene Ausnahmen und Erleichterungen in der Arzneimittelversorgung geschaffen. Ziele sind die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, die Senkung des Infektionsrisikos und die Reduktion von Kontakten zwischen Arzt und Patient sowie Apotheker und Patient.
Eilverordnung sorgt für einige Änderungen
„Zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung werden in der Verordnung Ausnahmen und Ergänzungen zu den bestehenden Regelungen des SGB V, des Apothekengesetzes (ApoG), der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) vorgenommen“, heißt es im Text der Eilverordnung. „Hierzu hat das Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung befristet hinter das Bestreben zur Verminderung des Infektionsrisikos zurückzutreten.“
Entlassmanagement
Im Rahmen des Entlassmanagements dürfen Krankenhausärzte „bis zum größten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen“. Außerdem darf der Arzneimittelbedarf für einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen rezeptiert werden.
Verordnetes Arzneimittel nicht verfügbar
Ist das verschriebene Arzneimittel nicht verfügbar, darf ein in der Apotheke verfügbares oder an die Apotheke lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben. Ist weder das verordnete noch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel verfügbar ist, dürfen Apotheken nach Rücksprache mit dem Arzt ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel abgeben. Das gilt auch im Falle eines Austauschverbotes durch den Arzt (Aut-idem-Kreuz).
Apotheken dürfen in folgenden Fällen ohne Rücksprache mit dem Arzt von der Verordnung abweichen, mit Hinblick auf:
- die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl (gilt nicht für BtM),
- die Packungsanzahl (gilt nicht für BtM),
- die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen und
- die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen (gilt nicht für BtM),
vorausgesetzt, die verordnete Gesamtmenge wird nicht überschritten.
Botendienst
Während der Corona-Pandemie wird der Botendienst mit 5 Euro vergütet. Außerdem erhalten Apotheken, die einen Botendienst anbieten, eine Einmalzahlung von 250 Euro, die der Beschaffung von Schutzkleidung und Desinfektionsmittel für den Boten dienen soll.
Abgabe von Teilmengen
Bei der Abgabe von Teilmengen können Apotheken nur bei der ersten Abgabe alle Zuschläge (Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,35 Euro zuzüglich 21 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes sowie die Umsatzsteuer) abrechnen. Werden weitere Teilmengen aus derselben Packung abgegeben, kann nur ein Zuschlag von 8,35 Euro erhoben werden.
Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass die Kassen durch die Teilmengenabgabe nicht übermäßig belastet werden und die in den Apotheken erbrachte Beratung bei jeder Abgabe vergütet werde. Komme es zu Lieferproblemen, könne die Abgabe von Teilmengen die Versorgung sichern.
Wiederholungsverordnungen unzulässig
Ärzte dürfen während und wegen der Corona-Pandemie keine Wiederholungsrezepte ausstellen.
Betäubungsmittelgesetz und Betäubungsmitteverschreibungsverordnung (BtMVV)
Die Änderungen der BtMVV zielen insbesondere auf die Sicherstellung der Versorgung von Substitutionspatienten ab. So kann auch der Bote der Apotheke eine Sichtvergabe vornehmen.
Die Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Mit der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite treten die Änderungen wieder außer Kraft, ansonsten verlieren sie spätestens mit Ablauf des 31. März 2021 ihre Gültigkeit.
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