Mehrkosten: Kassen zahlen bei Engpass und Rabattvertrag
Muss im Falle eines Lieferengpasses von der Abgaberangfolge abgewichen und höherpreisig – über dem Festbetrag – versorgt werden, zahlen in der Regel die Patient:innen die Differenz aus eigener Tasche. Das gilt auch dann, wenn eine Zuzahlungsbefreiung vorliegt. Die Kassen springen nur in Ausnahmefällen ein, nämlich dann, wenn ein Rabattvertrag vorliegt.
Im Falle eines Lieferengpasses müssen Patient:innen anfallende Mehrkosten nicht aus eigener Tasche zahlen, wenn ein Rabattvertrag vorliegt. Die Vorgaben des Faire-Kassenwettbewerb-Gesetzes (GKV-FKG) wurden in § 11 Absatz 3 Rahmenvertrag umgesetzt.
§ 11 legt fest, dass Rabattverträge vorrangig zu beliefern sind. Absatz 2 regelt, dass wenn alle rabattierten Fertigarzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar sind, die Abgabe eines lieferfähigen wirkstoffgleichen Arzneimittels möglich ist. Dabei ist die Abgaberangfolge einzuhalten.
In Absatz 3 heißt es: „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Fertigarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung […] ist der Abgabepreis des Fertigarzneimittels.“
Im Umkehrschluss bedeutet das: Liegt kein Rabattvertrag vor, muss der/die Patient:in im Falle eines Lieferengpasses die anfallenden Mehrkosten selbst zahlen. Und zwar auch dann, wenn kein mehrkostenfreies Arzneimittel geliefert werden kann.
Die Möglichkeit, die Mehrkosten zulasten der Kasse abzurechnen, besteht also ausschließlich, wenn ein vorrangig abzugebendes Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist und ausschließlich über dem Festbetrag versorgt werden kann. Auf das Rezept gehören Sonder-PZN sowie der zugehörige Faktor 2 oder 4.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hatte Mehrkosten bereits 2022 offen kritisiert: In einem Brief an alle Krankenkassen sowie das Bundesgesundheitsministerium (BMG), die Aufsichtsbehörden der Länder und den GKV-Spitzenverband macht die Behörde ihrem Ärger Luft. „Sofern der Versicherte in der Apotheke bei der vorgenannten Fallkonstellation mit Mehrkosten belastet wird, handelt es sich um ein Systemversagen“, so das BAS. Schließlich erfolge die Abgabe des Arzneimittels über dem Festbetrag nicht etwa auf Wunsch der Versicherten, sondern nur wegen der Lieferschwierigkeiten und diese liegen nicht im Verantwortungsbereich der Versicherten.
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