Rezeptfälschungen sind kein Kavaliersdelikt und doch sind manipulierte Verordnungen keine Seltenheit. Hast du eine Fälschung erkannt, stellt sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Dürfen oder müssen Apotheken Anzeige erstatten und was gilt in puncto Schweigepflicht?
Original und Fälschung sind in vielen Fällen kaum noch voneinander zu unterscheiden. Die Verordnungen werden kopiert, gedruckt oder gar in der Praxis gestohlen. Fest steht: Erkennst du ein Rezept als Fälschung, darf dieses nicht beliefert werden, und zwar unabhängig davon, ob ein manipuliertes Privat- oder Kassenrezept vorliegt.
Bei Rezeptfälschung keine Abgabe
In der Apotheke müssen Rezepte wie Banknoten geprüft werden. Vorgesehen ist dies im Rahmen der Sorgfaltspflicht. Außerdem muss das pharmazeutische Personal gemäß § 17 Absatz 8 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) einem erkennbaren Arzneimittelmissbrauch entgegenwirken. Wer kein gutes Bauchgefühl hat, sollte mit dem/der Ärzt:in Rücksprache halten. Bestätigen sich der Verdacht und das mulmige Gefühl, ist die Abgabe zu verweigern.
Wird ein Rezept gefälscht oder Ergänzungen (außer von/vom der/dem Verschreibenden) vorgenommen, handelt es sich um Urkundenfälschung. Die Tat ist kann mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. In besonders schweren Fällen kann auch eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren angeordnet werden.
Müssen Apotheken die Tat zur Anzeige bringen?
„Apothekerinnen und Apotheker sollten sich anlässlich konkreter Fälschungsverdachtsfälle an ihre zuständige Apothekerkammer wenden und diese Einzelfälle gemeinsam erörtern“, teilt die ABDA auf Nachfrage mit.
Eines vorweg: Eine Pflicht zur Erstattung einer Strafanzeige im Falle einer Rezeptfälschung besteht grundsätzlich nicht, wie die Apothekerkammer Berlin mitteilt. Das bestätigt auch die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg: „§ 17 Abs. 8 ApBetrO fordert nicht die Einbindung Dritter, also auch nicht der Polizei.“
So stellt sich die Frage nicht nach dem Müssen, sondern dem Dürfen. Denn Apotheker:innen unterliegen der Schweigepflicht. „Diese umfasst alle im Zusammenhang mit der Berufsausübung als Apotheker erlangten Umstände und Kenntnisse und damit auch solche, die im Zusammenhang mit einer Straftat bekannt geworden sind. Auch gefälschte oder manipulierte Daten unterliegen der Schweigepflicht. Der Verdacht einer strafrechtlichen Handlung führt nicht zum Wegfall derselben“, informiert die Apothekerkammer Berlin.
Verstoßen Apotheker:innen gegen die Schweigepflicht, werden sie selbst zum Täter. Strafbar macht sich, wer „unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker (……) anvertraut oder sonst bekannt geworden ist.“
Ob Apotheker:innen eine Fälschung zur Anzeige bringen, sollte laut Kammer gut abgewogen werden. „Wurde das Arzneimittel nicht abgegeben, darf der Apotheker potenzielle Rezeptbetrüger nicht melden.“
Es gibt jedoch Ausnahmen. Nämlich dann, wenn das Rezept beliefert wurde und dadurch ein Schaden entstanden ist. Dies ist der Fall, wenn ein gefälschtes Kassenrezept retaxiert wurde. Allerdings darf der entstandene Schaden für die Apotheke laut Kammer nicht nur geringfügig sein. Wurde ein Privatrezept beliefert, ist der Apotheke in der Regel kein finanzieller Schaden entstanden. Es können jedoch Dritte geschädigt werden, nämlich dann, wenn mit den mittels Fälschung beschafften Arzneimitteln gedealt wird. Ist dies der Fall, könne dies dazu führen, dass das Persönlichkeitsrecht der „Kund:innen“ an der Geheimhaltung der Daten als nachrangig gegenüber den anderen schützenswerten Gütern (Leib, Leben und Gesundheit Dritter) betrachtet werden. „In diesen Fällen kann ein Bruch der Schweigepflicht gerechtfertigt sein“, so die Kammer und rät im Falle einer Anzeige das Vorgehen mit dem/der betroffenen Ärzt:in abzustimmen.
Dürfen andere Apotheken gewarnt werden?
Auch hier kommt die Schweigepflicht ins Spiel. Das Rezept kopieren und per Fax oder Mail an die umliegenden Kolleg:innen schicken, ist nicht erlaubt. Hinweise darüber, welches Arzneimittel „verordnet“ ist und woran die Fälschung zu erkennen ist, dürfen allerdings weitergeleitet werden.
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