Vaxzevria: Thrombose-Risiko per Modellrechnung ermitteln?
Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca steht in Verdacht, womöglich seltene Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit Thrombozytopenie auszulösen. Doch wie groß ist die Gefahr tatsächlich? Ein Modellrechner soll die Antwort liefern und unter anderem das Thrombose-Risiko von Vaxzevria-Geimpften ermitteln.
Seit Ende März heißt es: AstraZeneca nur noch Ü60 – oder auf eigenes Risiko. Denn obwohl die Europäische Arzneimittelagentur uneingeschränkt an Vaxzevria festhält, hat die Ständige Impfkommission ihre Empfehlung für die Impfkampagne hierzulande angepasst. Hintergrund ist das Auftreten von Sinusvenenthrombosen in Kombination mit Thrombozytopenien, was vor allem bei jüngeren Frauen beobachtet wurde. Ein Zusammenhang mit der Impfung gilt als plausibel. Laut einer Studie der Universität Oxford sei die Gefahr einer Thrombose nach der Immunisierung mit der Vakzine jedoch deutlich geringer als bei einer Corona-Erkrankung ohne Immunisierung. Nun kommen Forscher:innen der Universität Cambridge zu einem ähnlichen Ergebnis. Per Modellrechner haben sie unter anderem das Thrombose-Risiko von Vaxzevria ermittelt.
Thrombose-Risiko bei Vaxzevria: Nutzen überwiegt fast immer
Um Aussagen über das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu ermöglichen, haben Wissenschaftler:innen des Winton Centre for Risk and Evidence Communication der Universität Cambridge eine Modellrechnung entwickelt. Dafür wurde für verschiedene Altersgruppen zwischen 20 und 60 Jahren das Thrombose-Risiko bei Vaxzevria mit der Gefahr einer schweren Covid-19-Erkrankung mit intensivmedizinischer Behandlung verglichen. Für die Berechnungen wurde eine Impfstoff-Wirksamkeit von 80 Prozent angenommen, auch wenn diese je nach Alter höher oder niedriger sein kann. Außerdem wurde anhand von Indizenzwerten das jeweilige Ansteckungsrisiko berücksichtigt. Die Untersuchungen liefen über einen Zeitraum von 16 Wochen.
Das Ergebnis: Der Nutzen der Impfung übertrifft in fast allen Fällen die Risiken. So könnten bereits bei einem niedrigen Ansteckungsrisiko durch die Impfung deutlich mehr schwere Krankheitsverläufe verhindert werden als Thrombose-Fälle auftreten würden. Nur bei den 20- bis 29-Jährigen ist das Risiko des Auftretens von Gerinnseln (1,1 Fälle pro 100.000 Personen) höher als der Schutz vor einer schweren Covid-19-Infektion (0,8). Mit steigendem Alter nimmt das Thrombose-Risiko bei Vaxzevria jedoch ab und gleichzeitig steigt die Zahl der verhinderten schweren Fälle. Am positivsten fällt das Nutzen-Risiko-Verhältnis folglich bei den 60- bis 69-Jährigen aus. Außerdem überwiegen schon bei einem mittleren Ansteckungsrisiko in allen Altersgruppen die positiven Effekte gegenüber den Gefahren.
Die Forscher:innen geben außerdem zu bedenken, dass sich das Verhältnis mit zunehmender Zeit noch weiter verschiebt, da der Nutzen immer weiter steigt beziehungsweise das Thrombose-Risiko bei Vaxzevria abnimmt, je weiter die Impfung zurückliegt. Allerdings weisen die Wissenschaftler:innen auch darauf hin, dass die Ergebnisse lediglich einen Einblick liefern können, da beispielsweise nur der Schutz vor einer intensivmedizinischen Behandlung berücksichtigt wird und andere Effekte sowie ein Vergleich mit anderen Impfstoffen außen vor bleiben. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Immunisierung müsse dies jedoch beachtet werden.
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