Tarifbindung futsch? Was gilt bei „Tarifflucht“ des/der Chef:in?
Drei Viertel der PTA werden nach Tarifvertrag bezahlt, wie der PTA-Gehaltsreport im letzten Winter gezeigt hat. Aber was gilt, wenn der/die Chef:in beschließt, die Tarifbindung aufzuheben, also „Tarifflucht“ betreibt?
Zum neuen Jahr bekommen PTA mehr Geld. Denn sowohl im Tarifgebiet Nordrhein als auch im restlichen Bundesgebiet – ausgenommen Sachsen – treten die nächsten Stufen der Anfang 2022 beschlossenen Tariferhöhungen in Kraft. Über ein Plus im Portemonnaie dürfen sich jedoch in der Regel nur diejenigen freuen, für die Tarifbindung gilt.
Zur Erinnerung: Tarifbindung besteht, wenn beide Parteien Mitglied in der jeweiligen Tariforganisation sind. Für Arbeitgebende ist dies der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) beziehungsweise die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL) für Angestellte die Apothekengewerkschaft Adexa.
Aber was gilt bei „Tarifflucht“, also wenn der/die Chef:in plötzlich aus dem ADA/der TGL austritt? Ist die Tarifbindung futsch?
Tarifausstieg nicht sofort möglich
Nein – zumindest nicht sofort. Denn § 3 Tarifvertragsgesetz (TVG) regelt, dass die Tarifgebundenheit bestehen bleibt, bis der Tarifvertrag endet. Hinzu kommt, dass ähnlich wie beim Beenden eines Arbeitsverhältnisses auch beim Austritt aus der Arbeitgebervereinigung eine bestimmte Kündigungsfrist greift, stellt die Gewerkschaft IG Metall klar. Solange diese läuft, besteht für Angestellte auch weiterhin Tarifbindung.
Alternativ können Chef:innen auch im Verband bleiben und dort von der Mitgliedschaft in die sogenannte Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (MOT) wechseln, wenn der Arbeitgeberverband eine solche Möglichkeit zulässt. Auch in diesem Fall gilt die Änderung jedoch nicht sofort.
Tarifbindung bleibt auch bei „Tarifflucht“ – oder?
„Ein Arbeitgeber kann sich also nicht dadurch seiner Gebundenheit an den Tarifvertrag entziehen, dass er aus dem Arbeitgeberverband, der den Vertrag abgeschlossen hat, austritt und damit die unmittelbare Tarifbindung endet. Auch nach seinem Austritt sorgt § 3 Abs. 3 TVG für eine Bindung an den Tarifvertrag und damit für Rechtssicherheit für die Beschäftigten“, fasst der Deutsche Beamtenbund zusammen und verweist dabei auf ein früheres Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das dies bestätigt.
Mehr noch: Selbst wenn ein Tarifvertrag ausläuft, haben Angestellte weiterhin Anspruch auf die bisherigen Regelungen, solange bis eine neue Vereinbarung, beispielsweise im Arbeitsvertrag, getroffen wird, regelt das TVG weiter (= Nachwirkung). Wird der alte Tarifvertrag innerhalb der Kündigungsfrist für den Austritt des/der Arbeitgeber:in durch einen neuen ersetzt, greift auch dieser wiederum bis zu seinem Auslaufen.
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