Schwangerschaft verschwiegen: Gekündigt wegen Täuschung?
Mit offenen Karten spielen oder lieber schweigen? Diese Frage stellt sich für viele Schwangere am Arbeitsplatz. Denn die Sorge vor Benachteiligung ist groß. Doch früher oder später muss der/die Chef:in informiert werden, beispielsweise wenn Gefahr für Mutter und/oder Baby droht. Wurde die Schwangerschaft verschwiegen, ist das ein Kündigungsgrund, oder?
Obwohl für schwangere Frauen im Berufsleben ein besonderer Schutz gilt – Stichwort Kündigungsschutz –, erweist sich der kommende Nachwuchs bei vielen dennoch als Karrierekiller. Kein Wunder, dass die Schwangerschaft oft erst einmal unter Verschluss gehalten wird. Das ist zwar grundsätzlich erlaubt, birgt jedoch Risiken.
Denn Arbeitgebende tragen die Fürsorgepflicht und müssen Mutter und Kind am Arbeitsplatz entsprechend schützen. Doch ist eine Kündigung wegen arglistiger Täuschung zulässig, wenn die Schwangerschaft verschwiegen wurde? Nein, sagt das Arbeitsgericht Mainz. Denn die Offenbarungspflicht hat Grenzen.
Schwangerschaft verschwiegen: Kein Grund für Kündigung
Eine Angestellte, die eine Ausbildung in der Chemiebranche hatte, bewarb sich bei einem entsprechenden Betrieb um eine Stelle. Nach zwei Wochen informierte sie den Chef, dass sie schwanger ist. Die Folge: Weil die Frau die Schwangerschaft verschwiegen hatte, fühlte sich der Arbeitgeber arglistig getäuscht. Denn die Mitarbeiterin habe sich nur den Status als Arbeitnehmerin und damit eine Krankenversicherung erschleichen wollen. So hätte sie wissen müssen, dass sie die angestrebte Tätigkeit, die auch einen Umgang mit Gefahrstoffen wie Pestiziden beinhaltet, als werdende Mutter nicht ausüben kann. Daher focht der Chef den Arbeitsvertrag an, kündigte das Arbeitsverhältnis und sprach ein Beschäftigungsverbot aus.
Zu Unrecht, entschied das Gericht. Denn eine Kündigung von Schwangeren ist gemäß Mutterschutzgesetz nur zulässig, wenn eine Ausnahmegenehmigung durch die oberste Landesbehörde für den Arbeitsschutz vorliege, was jedoch nicht der Fall war. Hinzukommt, dass – anders als vom Chef behauptet – keine arglistige Täuschung vorlag. So habe die Beschäftigte im Bewerbungsprozess sowie bei Dienstantritt ihre Schwangerschaft zwar verschwiegen, allerdings wurde sie auch nie danach gefragt.
Zudem müsse die geltende Offenbarungspflicht der Angestellten gegen das Diskriminierungsverbot abgewogen werden. Hätte die Frau ihre Schwangerschaft offengelegt, wäre sie womöglich nicht eingestellt und folglich diskriminiert worden, was gemäß einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs verboten ist. Denn der finanzielle Nachteil, der Arbeitgebenden bei der Einstellung einer Schwangeren entstehe, wenn diese ihrer Arbeit nicht nachgehen kann, rechtfertige nicht die Verweigerung einer Einstellung wegen Schwangerschaft.
Das Gericht entschied daher, dass die Kündigung aufgrund der verschwiegenen Schwangerschaft unzulässig war und die Frau weiter Anspruch auf Vergütung hat.
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