Sonderzahlung und Co.: Dürfen Gewerkschaftsmitglieder bevorteilt werden?
Streitthema Gewerkschaft. Während es einigen Arbeitgebenden ein Dorn im Auge ist, wenn ihre Angestellten einer Arbeitnehmervertretung angehören, sehen viele Arbeitnehmende darin Vorteile. Stichwort Tarifbindung. Aber dürfen Gewerkschaftsmitglieder bevorteilt werden?
Rund drei Viertel der PTA arbeiten hierzulande nach Tarifvertrag, wie der große PTA-Gehaltsreport 2021 gezeigt hat. Knapp zwei Drittel werden sogar übertariflich bezahlt. Doch nur eine von zehn Kolleg:innen ist Mitglied in der Apothekengewerkschaft Adexa. Das Problem: „Grundsätzlich gilt ein Tarifvertrag nur für diejenigen, die diesen Vertrag schließen – also den Arbeitgeber oder dessen Verband auf der einen sowie die Gewerkschaft und deren Mitglieder auf der anderen Seite“, stellt die Hans Böckler Stiftung klar. Für Apothekenangestellte ist dies die Adexa, für Arbeitgebende der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken beziehungsweise die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein.
Zwar können im Arbeitsvertrag auch ohne Tarifbindung die tariflichen Regelungen als Orientierung vereinbart werden, Pflicht ist dies jedoch nicht. „Nicht oder anders Organisierte haben nicht per se einen Anspruch auf eine Gleichbehandlung mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern.“ Mehr noch: Gewerkschaftsmitglieder dürfen sogar bewusst bevorteilt werden.
Differenzierungsklausel bevorteilt Gewerkschaftsmitglieder
Möglich ist dies über eine sogenannte einfache Differenzierungsklausel, die bestimmte Leistungen wie Boni oder andere Vergünstigungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zuspricht, beispielsweise um Anreize für einen Beitritt zu schaffen. Ein Zwang oder Druck, der Gewerkschaft beizutreten, darf durch die Klausel nicht entstehen, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Pressemitteilung klarstellt.
Demnach dürfen die Leistungen nicht zu stark von den regulären Regelungen des Tarifvertrags abweichen. Auch dass Gewerkschaftsmitglieder bei Kündigungen oder Einstellungen bevorteilt werden, ist unzulässig, denn dabei handelt es sich um einen Verstoß gegen die sogenannte negative Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Grundgesetz (= „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet“).
Achtung: Auch Formulierungen, die es Arbeitgebenden verbieten, bestimmte Leistungen auch an Nicht-Gewerkschaftsmitglieder weiterzugeben, sind unrechtmäßig.
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