Gürtelrose-Impfung: Kein Schutz gegen Lippenherpes?
Herpes ist nicht gleich Herpes. Denn verschiedene Herpestypen können unterschiedliche Erkrankungen auslösen. Das gilt beispielsweise auch für Lippenherpes und Herpes zoster (Gürtelrose). Folglich kann eine Gürtelrose-Impfung nicht vor Lippenherpes schützen, oder?
Jedes Jahr erkranken hierzulande mehrere hunderttausend Menschen neu an Gürtelrose. Auslöser sind Herpesviren vom Typ Varizella zoster. In der Regel geht der Erkrankung eine Windpocken-Infektion– meist im Kindesalter – voraus, nach der das Virus in den Ganglien verbleibt und in eine Art Schlaf fällt, aber jederzeit reaktiviert werden kann.
Gürtelrose zeigt sich durch schmerzhafte Bläschenbildung auf der Haut. Während die Beschwerden bei vielen Patient:innen nach einigen Tagen wieder abklingen, entwickeln manche Betroffene eine postherpetische Neuralgie. Sprich: Auch wenn alle Symptome auf der Haut abgeheilt sind, treten an der Stelle, an der die Gürtelrose zuvor sichtbar war, starke Schmerzen auf.
Zum Schutz kommt eine Impfung gegen Gürtelrose infrage. Diese wird laut Ständiger Impfkommission allen Personen im Alter von ≥ 60 Jahren sowie Menschen im Alter von ≥ 50 Jahren mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung empfohlen. Als Standardimmunisierung gilt dabei die Zweifachimpfung mit einem adjuvantierten Totimpfstoff (Shingrix, GSK). Die Immunisierung soll zwar nicht nur vor der Erkrankung selbst, sondern auch vor Demenz schützen. Gegen Lippenherpes bietet die Gürtelrose-Impfung jedoch keinen Schutz.
Gürtelrose-Impfung schützt nicht vor Lippenherpes …
Lippenherpes wird durch das Herpes simplex-Virus Typ 1 (HSV1) ausgelöst, das bis zu neun von zehn Personen in sich tragen. Auch hier gilt: Einmal damit infiziert, bleiben die Erreger ein Leben lang im Körper. Bei einer Reaktivierung, beispielsweise durch Stress, Ekel oder zu viel Sonne, kommt es zu erneuten Ausbrüchen. Häufen sich diese – mehr als sechsmal pro Jahr für länger als zehn Tage –, ist ein Arztbesuch angezeigt. Eine Immunisierung gegen HSV1 steht nicht zur Verfügung. Die Gürtelrose-Impfung gegen Lippenherpes zu nutzen, ist jedoch keine Alternative.
Der Grund: Beide Erkrankungen werden zwar durch Herpesviren ausgelöst, allerdings durch verschiedene. Um diese zu bekämpfen, sind somit grundsätzlich auch zwei getrennte Immunantworten erforderlich, macht Professor Dr. Jörg Schelling, Vorstandsmitglied der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin, klar. Hinzukommt, dass Shingrix laut dem Robert-Koch-Institut auch keine Zulassung für den Schutz vor Infektionen mit Herpes-simplex-Viren besitzt.
… oder doch?
Weil jedoch beide Viren zur Familie der Alpha-Herpesviren gehören und somit genetische und strukturelle Ähnlichkeiten aufweisen, kann mitunter eine gewisse Form von Kreuzreaktion des Immunsystems entstehen. Sprich: Die Herpes simplex-Viren vom Typ 1 können teilweise auch auf die Gürtelrose-Impfung reagieren, wodurch es seltener zu Ausbrüchen von Lippenherpes kommen kann, wie die Ergebnisse einer kleinen Studie ergaben, die jedoch noch weiterführend untersucht werden müssen.
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