Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Ausnahme Gehaltserhöhung?
„Das Gehalt ist Verhandlungssache.“ – Dieser Satz stimmt zwar, hat jedoch auch Grenzen, wie ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts zeigt. So gilt eine individuell ausgehandelte Gehaltserhöhung nicht als Ausnahme, um Frauen trotz gleicher Arbeit weniger zu bezahlen als Männern.
In knapp drei Wochen ist Equal Pay Day. Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen umsonst, während Männer bereits seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Denn die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern beträgt noch immer 18 Prozent. Um dem entgegenzuwirken, greift seit rund fünf Jahren das Entgelttransparenzgesetz (EntgTransG), das dabei unterstützen soll, das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ durchzusetzen – und zwar unabhängig vom Geschlecht. Wer also beispielsweise als weibliche Angestellte in derselben Position wie ein Mann arbeitet, hat Anspruch auf die gleiche Bezahlung. Eigentlich. Denn die Realität sieht mitunter anders aus, zeigt ein aktuelles Urteil.
Gehaltserhöhung als Ausnahme vom Entgeltgleichheitsgebot?
Geklagt hatte eine Außendienstmitarbeiterin, die über Jahre bis zu 1.000 Euro weniger pro Monat verdiente als ihr männlicher Kollege, obwohl beide dieselbe Position und gleichwertige Aufgaben innehatten. Der Grund für die unterschiedliche Bezahlung: Der Kollege habe das Gehaltsplus individuell ausgehandelt. In den Augen des Arbeitgebers sei die Gehaltserhöhung somit eine Art Ausnahme von dem Recht auf gleiche Bezahlung. Außerdem habe der männliche Mitarbeiter nur ein höheres Gehalt bekommen, weil er die Nachbesetzung für eine ausgeschiedene, besser vergütete Vertriebsmitarbeiterin sei. Damit wollte sich die benachteiligte Angestellte jedoch nicht zufriedengeben und forderte unter anderem eine Anpassung ihres Gehalts, und zwar rückwirkend. Der Fall landete vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).
BAG: Benachteiligung wegen des Geschlechts ist generell
„Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt“, heißt es in einer Pressemitteilung des BAG zum Urteil. Demnach gilt die Gehaltserhöhung nicht als Ausnahme, um § 7 EntgTranspG „Entgeltgleichheitsgebot“ zu umgehen. Darin ist Folgendes geregelt: „Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts.“
Genau dies sei jedoch laut den Richter:innen der Fall gewesen, da die Frau trotz gleicher Aufgaben und Qualifikationen ein geringeres Gehalt bekam als ihr Kollege. Ihre Forderung nach einer Gehaltsanpassung sei also gerechtfertigt. Mehr noch: Es handelt sich dem Gericht zufolge auch um einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, sodass der Angestellten ebenfalls eine Entschädigung zusteht.
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