Gabapentin: Entzugssymptome bei Dosisreduktion
Mehr als 50 Millionen definierte Tagesdosen (DDD) Gabapentin werden hierzulande pro Jahr verordnet – Tendenz steigend. Denn Gabapentinoide kommen immer häufiger auch off-label zum Einsatz. Doch es droht eine Abhängigkeit. Unter Gabapentin muss nun vor Entzugssymptomen bei Dosisreduktion gewarnt werden.
Dass Gabapentinoide wie Gabapentin und Pregabalin mit Risiken verbunden sind – allem voran einem Sucht- und Abhängigkeitspotenzial –, ist seit Längerem bekannt. Nicht umsonst haben Expert:innen bereits eine BtM-Pflicht für entsprechende Arzneimittel mit den Wirkstoffen gefordert. Denn aufgrund des euphorisierenden Effektes kommt es häufig zu einer missbräuchlichen Anwendung der Wirkstoffe und Überdosierungen, die sogar zum Tod führen können.
Doch daneben kann auch das abrupte Therapieende für Patient:innen zur Gefahr werden. Stichwort Entzugserscheinungen. Nun muss in den Fach- und Gebrauchsinformationen Gabapentin-haltiger Arzneimittel auch bei einer Dosisreduktion vor möglichen Entzugssymptomen gewarnt werden.
Wirkstoffcheck
Gabapentin gehört zu den Antikonvulsiva und kommt vor allem zur Behandlung von Nervenschmerzen, Epilepsie oder Angstzuständen zum Einsatz. Die Wirkung beruht auf der Bindung an spannungsabhängige Calciumkanäle. Dadurch wird im zentralen Nervensystem die Freisetzung verschiedener Neurotransmitter wie Noradrenalin und der Substanz P verringert. Die neuronale Erregbarkeit wird folglich gesenkt.
Gabapentin: Dosisreduktion nicht auf eigene Faust
Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert, kam der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass das Auftreten von Entzugssymptomen bei einer Dosisreduktion von Gabapentin zumindest eine begründete Möglichkeit darstellt. Grundlage waren Daten aus der Literatur, Fallberichte sowie der plausible Wirkmechanismus. Daher müssen Patient:innen entsprechend auf das Risiko aufmerksam gemacht und nicht nur vor dem eigenmächtigen Absetzen, sondern auch vor einer Verringerung der Dosis auf eigene Faust gewarnt werden.
Die Entzugssymptome treten dabei oftmals innerhalb von 48 Stunden nach dem Absetzen oder der Dosisreduktion von Gabapentin auf. Zu den häufigen Beschwerden gehören dabei neben allgemeinem Unwohlsein, Übelkeit, einem Krankheitsgefühl und Kopfschmerzen auch Krampfanfälle, Angst, Schlafstörungen, Schmerzen, Schwitzen, Zittern, Depressionen und Schwindel. Um dies zu verhindern, sollte sowohl das Absetzen als auch die Verringerung der Dosis allmählich über mindestens eine Woche und nur nach Arztrücksprache erfolgen, heißt es. Kommt es dennoch zu Entzugserscheinungen, sollte die behandelnde Person informiert werden.
Der Warnhinweis gilt sowohl bei einer Langzeittherapie als auch bei einer Kurzzeitbehandlung. Wie häufig es zu dieser unerwünschten Wirkung kommt, ist nicht bekannt.
Verschlimmerung von Myasthenia gravis unter Gabapentin
Neben dem Hinweis auf Entzugssymptome bei einer Dosisreduktion von Gabapentin müssen Patient:innen künftig außerdem darauf hingewiesen werden, dass die Anwendung entsprechender Arzneimittel eine bereits vorliegende Myasthenia gravis-Erkrankung, die sich vor allem in schwerer Muskelschwäche äußert, verschlimmern kann. Betroffene Personen mit der Diagnose sollten daher vor der Gabapentin-Therapie Arztrücksprache halten. Auch hier ist nicht bekannt, wie häufig die Nebenwirkung auftreten kann.
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