Entgeltfortzahlung trotz Reise in Corona-Risikogebiet?
Kommt es nach dem Urlaub in einem Corona-Risikogebiet zu einem Arbeitsausfall, sieht es in puncto finanzielle Entschädigung meist schlecht aus. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie ein Urteil des Arbeitsgerichts Kiel zeigt. So besteht trotz Reise in ein Corona-Risikogebiet Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Erkrankung nicht selbstverschuldet ist.
Wer nach einer Urlaubsreise in ein Corona-Risikogebiet durch Krankheit und/oder Quarantäne beruflich ausfällt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, hat keinen Anspruch auf Entschädigung, stellt das Bundesgesundheitsministerium klar. Gleiches gilt für Ungeimpfte im Quarantänefall. Grundlage dafür ist § 56 Absatz 1, Sätze 4 und 5 Infektionsschutzgesetz. So weit, so bekannt. Doch die Regelung findet keine Anwendung, wenn die Inzidenz am Zielort niedriger als im Heimatland ist. Denn dann kann trotz Einstufung als Corona-Risikogebiet Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehen, wie das Arbeitsgericht Kiel in einem Urteil entschieden hat.
Im entsprechenden Fall war eine Angestellte Anfang 2022 in die Dominikanische Republik gereist, die zu diesem Zeitpunkt vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet eingestuft war. Nach ihrer Rückkehr meldete sie sich mit einer Corona-Infektion bei ihrem Arbeitgeber krank und legte eine AU vor. Der Chef verweigerte jedoch trotzdem die krankheitsbedingte Lohnfortzahlung. Der Grund: Durch ihre Reise habe die Mitarbeiterin den Ausfall selbstverschuldet, außerdem habe sie keine Symptome, sodass sie nicht als arbeitsunfähig gelte und ihr damit auch keine Lohnfortzahlung zustehe. Dagegen wehrte sich die Beschäftigte – mit Erfolg.
Reise in Corona-Risikogebiet: Entgeltfortzahlung bei nicht verschuldeter Krankheit
Denn Arbeitnehmende können laut dem Gericht grundsätzlich auch dann arbeitsunfähig sein, wenn sie symptomlos Corona-positiv getestet sind und nicht im Homeoffice tätig sein können. Auch eine angeordnete Quarantäne schließe den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht aus, heißt es in einer Pressemitteilung. Hinzu kommt, dass nicht von einer selbstverschuldeten Erkrankung ausgegangen werden kann. Denn vor der Reise lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Urlaubsort bei 377,7 und damit im Vergleich zu Deutschland (878,9) deutlich niedriger. Bei der Rückkehr war der Unterschied sogar noch größer. Während der Wert in der Dominikanischen Republik nur noch 72,5 betrug, waren es hierzulande 1.465,4. „Die Reise in das Hochrisikogebiet geht in diesen Fällen nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinaus“, heißt es vom Gericht. Außerdem liege auch kein grober Verstoß gegen das Eigeninteresse vor. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, trotz Reise in ein Corona-Risikogebiet Entgeltfortzahlung zu leisten.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und es kann Berufung eingelegt werden.
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