Cannabis ist als Fertigarzneimittel unter dem Namen Sativex und Canemes sowie als Rezepturarzneimittel in Form von Dronabinol, Nabilon, Cannabisblüten und -extrakten erhältlich. Bislang wurden noch keine Missbrauchsverdachtsfälle an die AMK gemeldet. Daher wird nun über mögliche Anzeichen des Verdachts auf Missbrauch informiert.
Apotheken haben laut AMK infolge der erweiterten Anwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken eine besondere Verantwortung bezüglich der Vermeidung von Arzneimittelrisiken einschließlich der missbräuchlichen Anwendung von Cannabisblüten und -extrakten.
Arzneimittelmissbrauch ist die absichtliche dauerhafte oder sporadische übermäßige Verwendung von Arzneimitteln mit körperlichen oder psychischen Schäden als Folge. Dieser erfolge grundsätzlich absichtlich, außerhalb der Zulassung und umfasse zudem den Freizeitgebrauch.
„Bislang wurden entsprechende Missbrauchsverdachtsfälle von Apotheken jedoch (noch) nicht an die AMK gemeldet.“
Informationsschreiben der AMK
Die AMK nennt Beispiele für Verdachtsmomente, die einen Missbrauch aus Sicht der Apotheke darstellen können. Dazu gehören:
- geänderte/manipulierte oder (insgesamt) gefälschte Rezepte
- der Versuch des Patienten, die Rezepturzubereitung zu beeinflussen, sodass die Droge unverarbeitet abgegeben werden soll
- nicht medizinische Nutzung des Fertig- bzw. Rezepturarzneimittels, beispielsweise eine zweifelhafte Gebrauchsanweisung oder eine der verordneten, aber nicht den pharmazeutischen Regeln entsprechende Darreichungsform (mangelnde Dosiergenauigkeit bei nicht zerkleinerter Droge)
- Rezepte von mehreren (auch wohnortfernen) Ärzten, die beispielsweise im Rahmen der BtM-Dokumentation auffallen
- Beschaffung aus mehreren (auch wohnortfernen) Apotheken
- Manipulation und/oder Reklamation bereits abgegebener Cannabis-haltiger Arzneimittel (beispielsweise Beschwerden wegen angeblicher Minderbefüllung oder Wirkungslosigkeit, inklusive mangelnder Qualität)
- striktes Beharren auf einer THC-reichen oder bestimmten Cannabissorte.
Ein Blick in die Kundenkartei (sofern vorhanden) oder die BtM-Doku können den Verdacht auf Missbrauch erhärten oder widerlegen.
Besteht der Verdacht auf Missbrauch, sollte die Vermutung dem Patienten sachlich und vertrauensvoll mitgeteilt werden. Drohungen, Ironie oder Vorwürfe sind fehl am Platz. Im Gespräch sollten folgende Fragen beantwortet werden:
- Warum wird das Arzneimittel angewendet?
- Seit wann und wie wird das Arzneimittel konkret eingenommen?
- Musste in der Vergangenheit die Dosierung erhöht werden, um weiterhin den gewünschten Effekt zu erreichen?
- Wurde das Arzneimittel schon einmal bewusst abgesetzt und was ist dabei passiert?
Lassen die Antworten auf einen Medikationsfehler oder Missbrauch schließen, sollte nach einer individuellen Lösung gesucht werden. Werden alle Vorschläge und Beratungsangebote abgelehnt, könne die Abgabe in letzter Konsequenz verweigert werden.
Verdachtsmeldungen 2019
Die AMK hat im vergangenen Jahr bis September insgesamt 38 Verdachtsmeldungen zu unerwünschten Wirkungen bei Cannabis-haltigen Arznei- sowie Nahrungsergänzungsmitteln erhalten. Für mehr als 80 Prozent der Fälle wurden Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Rezepturarzneimitteln, vor allem zur Inhalation, dokumentiert. Dazu gehörten unter anderem Husten (Atemnot), Hals- und Rachenbeschwerden, Übelkeit, Schwindel und (Kopf-)Schmerzen (Migräne). In einigen Fällen wurde ein erhöhter Anteil von Cannabissamen für die unerwünschten Wirkungen verantwortlich gemacht.
Die Zwischenanalyse 2019 zeigt, dass insbesondere in der Indikation Schmerz in etwa 29 Prozent der Fälle aufgrund von Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel und Übelkeit eine vorzeitige Beendigung zur Folge hatte. Häufigster Grund für den Therapieabbruch war mit 39,1 Prozent die nicht ausreichende Wirksamkeit.
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