Beruflicher „Zwischenstopp“: Kundenbesuch auf dem Heimweg ist Arbeitszeit
Generell gilt: Wie Angestellte zur Arbeit und nach Hause kommen, ist in der Regel Privatsache. Denn Wegezeiten werden meist nicht vergütet. So weit, so bekannt. Aber als was zählt es, wenn Angestellte beispielsweise auf dem Heimweg noch einen Kundenbesuch übernehmen – als Arbeitszeit oder Freizeit?
Der Botendienst gehört für viele Apotheken längst zum festen Serviceangebot. Denn dieser ist seit 2019 laut Apothekenbetriebsordnung nicht mehr nur im Einzelfall möglich. Mit dem Apothekenstärkungsgesetz ist außerdem die Vergütung fest geregelt. Auch PTA dürfen als Bot:innen für die Apotheke unterwegs sein.
In der Regel muss der/die Chef:in das entsprechende Fahrzeug für den Botendienst stellen. Dazu heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch: „Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.“ So weit, so bekannt.
Dennoch kann es vorkommen, dass PTA den Botendienst mit dem eigenen Auto übernehmen und beispielsweise auf dem Weg nach Hause noch eine Lieferung übernehmen. Ob die Fahrt vom Kundenbesuch auf dem Heimweg als Arbeitszeit zählt, hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden.
Fahrt zum Kundenbesuch auf dem Heimweg ist Arbeitszeit
Was war passiert? Ein Mitarbeiter, der im Außendienst tätig war, klagte gegen seinen Arbeitgeber, weil dieser ihm zwar die bei der Anfahrt zum ersten und der Heimfahrt von dem/der letzten Kund:in anfallende Zeit bezahlte – allerdings erst ab einer Dauer von 20 Minuten. Dies war auch in der entsprechenden Betriebsvereinbarung geregelt. Für den Mann fielen oftmals jedoch kürzere Wege an, die er als Arbeitszeit vergütet bekommen wollte.
Das BAG gab ihm in seinem Urteil Recht. Denn im geltenden Tarifvertrag war festgelegt, dass alle Tätigkeiten, die Arbeitnehmende zur Erfüllung ihrer vertraglichen Haupttätigkeit erbringen, zu vergüten seien. Dazu würden auch An- und Abfahrtswege zählen. Mehr noch: Sofern durch die langen Fahrtwege die wöchentliche Arbeitszeit überschritten wurde, könnten zudem Überstundenzuschläge anfallen. Die Fahrt vom Kundenbesuch auf dem Heimweg zählt somit als Arbeitszeit.
Die 20-Minuten-Regel der Betriebsvereinbarung ist laut dem Gericht außerdem nichtig. Denn: „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt“, heißt es im Betriebsverfassungsgesetz. Eine solche Regelung fehle jedoch im Tarifvertrag.
Übrigens: Ob eine kostenlose Zweitzustellung Pflicht ist, wenn Kund:innen beim ersten Lieferversuch nicht anzutreffen waren, erfährst du hier.
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