Zweitimpfungen sichern: Millionen Impfdosen als Reserve?
AstraZeneca für alle, Freigabe für Priorisierungsgruppe drei: Die Impfkampagne hierzulande gewinnt weiter an Tempo, mehr als jede/r Dritte ist inzwischen erstgeimpft. Dabei könnte es noch deutlich schneller gehen. Doch vielerorts werden Impfstoffe auf Reserve gehalten, um Zweitimpfungen zu sichern und Termine einzuhalten, berichtete das ARD-Magazin Kontraste. Was steckt dahinter?
Insgesamt vier Millionen Impfdosen sollen die Bundesländer zusammengenommen seit Wochen als Reserven lagern, wie aus Berechnungen von Datenanalyst:innen hervorgeht. Damit sollen einerseits für später geplante Erstimpfungen sowie andererseits anfallende Zweitimpfungen sichergestellt werden, wie beispielsweise das Ministerium des Inneren und für Kommunales Brandenburg auf Nachfrage von Kontraste begründet. Je nach Bundesland würden also Tausende Impfdosen zur Verfügung stehen, die aktuell nicht verimpft werden, so der Vorwurf. Das Impftempo würde durch die „erstaunlich große Lagerhaltung“ also gedrosselt.
Allein in Baden-Württemberg seien laut dem Magazin Anfang Mai mehr als 10 Prozent der gelieferten Impfstoffe auf Lager gehalten worden, rund 500.000 Dosen wurden nicht verimpft. „Zu viel schwäbische Sparsamkeit“, kommentierte das zuständige Ministerium für Soziales und Integration auf Nachfrage. Inzwischen hat das Ministerium jedoch noch einmal Stellung bezogen. Demnach habe am 5. Mai lediglich eine Reserve von 8 Prozent vorgelegen, die bereits abgebaut werde, so ein Sprecher gegenüber der Schwäbischen Zeitung. „Alles, was nach Baden-Württemberg kommt, wird auch verimpft.“ Nach aktuellem Stand seien 92 Prozent aller gelieferten Dosen verabreicht worden. In Schleswig-Holstein können Ärzt:innen seit KW 19 neben den vom Bund bereitgestellten Dosen Vaxzevria zusätzlich „zulasten des Landes Schleswig-Holstein je 100 Dosen en bloc“ aus dem Landesbestand bestellen, informiert die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein in ihren Newslettern.
Immunologe Carsten Watzl von der Deutschen Gesellschaft für Immunologie bezeichnet das Anlegen von Länderreserven als „TÜV-Mentalität“, wonach hierzulande stets alles abgesichert sein müsste. Das Zurückhalten von zur Verfügung stehenden Impfstoffen, um beispielsweise Zweitimpfungen zu sichern, sei jedoch nicht der richtige Schritt. Denn angesichts der aktuellen Situation mit noch immer knappen Impfstofflieferungen sei es wichtig, weiterhin möglichst vielen Menschen eine Erstimpfung zu ermöglichen und Menschenleben zu retten.
Bereits jetzt informiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung, dass angesichts der begrenzten Verfügbarkeit Ende Mai in den Arztpraxen beim Impfstoff Comirnaty wohl nur noch Zwietimpfungen möglich seien.
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