Nach den Apothekenmitarbeiter:innen im Tarifgebiet des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken (ADA) dürfen sich inzwischen auch die Angestellten in Nordrhein über eine Tariferhöhung freuen. Das Problem: Nicht jede/r hat Tarifbindung. Doch auch wenn diese fehlt, können PTA und Co. das beschlossene Tarifplus nutzen, und zwar als Verhandlungsbasis.
200 Euro mehr im Monat erhalten alle Apothekenmitarbeiter:innen aus dem Tarifgebiet des ADA seit dem 1. Januar 2022. Anfang 2023 steht eine weitere Erhöhung an. Auch im Tarifgebiet Nordrhein steigen die Löhne, und zwar in mehreren Stufen. Aber Achtung: Anspruch auf das Gehaltsplus besteht nur bei Tarifbindung, also wenn Arbeitgebende und Arbeitnehmende Mitglied in dem jeweiligen tarifvertragschließenden Verband sind. Für PTA ist das die Apothekengewerkschaft Adexa, für Chef:innen der ADA beziehungsweise die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL Nordrhein). PTA und andere Kolleg:innen ohne Tarifvertrag müssen dennoch nicht automatisch leer ausgehen. Denn sie können das Tarifplus als Verhandlungsbasis nutzen, informiert die Adexa.
Tarifplus bietet neue Verhandlungsbasis
„Wenn man schon länger in einer Apotheke beschäftigt ist und bis jetzt noch nicht über Tarifbindung gesprochen hat, kann man zum Beispiel die gerade abgeschlossenen neuen Gehaltstarifverträge dazu nutzen, die Apothekenleitung anzusprechen.“ Denn der Faktor Tarifbindung besitzt laut der Apothekengewerkschaft einen immer höheren Stellenwert: „Vielen unserer Mitglieder ist – gerade bei langjähriger Berufserfahrung –Tarifbindung genauso wichtig wie das Gehalt oder die Urlaubsansprüche.“
Insbesondere angesichts des bestehenden Fachkräftemangels in den Apotheken könnten Angestellte die Vereinbarung von tariflichen Regelungen durchaus zum Entscheidungskriterium für oder gegen einen Job machen. Doch warum eigentlich? Die Antwort kommt ebenfalls von der Adexa: „Tarifbindung bedeutet, dass tariflichen Regelungen als Mindestbedingungen gelten. Die Apothekenleitung darf also nur zu Gunsten der Mitarbeitenden vom Tarifvertrag abweichen.“
Übrigens: Bist du dir unsicher, ob der/die Chef:in Mitglied in der TGL Nordrhein oder im ADA ist, bleibt dir nichts anderes übrig, als ihn/sie direkt danach zu fragen. Denn die Verbände dürfen aus Datenschutzgründen keine Auskunft darüber liefern.
Tarifvertrag als Grundlage nutzen
Die gute Nachricht: Selbst wenn keine Aussicht auf Tarifbindung besteht – beispielsweise, weil die erforderliche Mitgliedschaft im jeweiligen Verband fehlt –, können Apothekenmitarbeiter:innen vom Tarifvertrag profitieren. Nämlich dann, wenn dieser als Grundlage für den Arbeitsvertrag genutzt wird. Mehr noch: Mit einer entsprechenden Klausel im Vertrag sichern sich PTA bei Tariferhöhungen ebenfalls ein Gehaltsplus. Dafür sollte jedoch nicht nur ein am Tarifvertrag orientierter Betrag aufgeführt werden. „Die empfehlenswerte Formulierung lautet: ,Das Gehalt entspricht dem jeweils gültigen Tarifgehalt plus einer Zulage von x Prozent‘“, betont die Adexa.
Generell sollten PTA jedoch genau auf das „Kleingedruckte“ achten. Denn Sätze wie „Im Übrigen gelten die Regelungen des Bundesrahmentarifvertrags/Rahmentarifvertrags Nordrhein in ihrer jeweils gültigen Fassung“ klingen zwar vielversprechend, sind aber mit Vorsicht zu genießen. „Kritsch sind bei dieser Formulierung die Worte ,im Übrigen‘. Das bedeutet: Soweit nichts Abweichendes vereinbart worden ist. Wenn also im restlichen Teil des Arbeitsvertrags andere Eckdaten zur Sprache kommen, geht das – zumindest bei fehlender Tarifbindung – vor“, warnt die Adexa.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
ALBVVG wirkungslos: Preis warnt vor Lieferengpässen
Der Herbst steht vor der Tür, bald zücken wohl viele Menschen wieder verschnupft ein Taschentuch. Doch abseits von Erkältungen gibt …
Forderung: Geld in Apotheken statt versicherungsfremde Leistungen investieren
Geht es nach den Krankenkassen, sollen versicherungsfremde Leistungen vollständig aus der Finanzverantwortung der GKV gestrichen werden. Unterstützung kommt von der …
„Apotheken dürfen sich nicht unter Wert verkaufen“
Mit der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Apothekenreform werden Apotheken zu reinen Abgabestellen degradiert, so die Befürchtung zahlreicher Kolleg:innen. …