Retax-Falle Mehrkosten
Lieferengpässe gehören zum Apothekenalltag dazu. Die Kolleg:innen müssen den Mangel verwalten und eine Alternative für die Patient:innen finden. In einigen Fällen ist dies nur bei Zahlung von Mehrkosten möglich – doch die werden nicht immer von den Kassen übernommen.
Mehrkosten werden fällig, wenn der Verkaufspreis eines Arzneimittels den Festbetrag übersteigt. Daher werden Mehrkosten auch als Festbetragsaufzahlung bezeichnet. Mehrkosten sollten laut Rahmenvertrag § 7 möglichst nicht anfallen – „Die Abgabe mehrkostenpflichtiger Arzneimittel ist zu vermeiden.“
Doch mitunter ist es nicht möglich, die Versicherten mehrkostenfrei zu versorgen, außerdem gestattet der Rahmenvertrag einen Austausch in § 11: „Sind alle rabattierten Fertigarzneimittel, […], bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke zur Abgabe eines gemäß § 2 Absatz 10 lieferfähigen wirkstoffgleichen Fertigarzneimittels […] berechtigt.“
Muss oberhalb des Festbetrages versorgt werden, zahlen die Patient:innen in der Regel die Differenz aus eigener Tasche, und zwar auch dann, wenn eine Zuzahlungsbefreiung vorliegt. Doch in einigen Fällen springen die Kassen ein, nämlich dann, wenn ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist. Grundlage ist hier das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG), das in § 11 Absatz 3 Rahmenvertrag umgesetzt wird. „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse […] die Mehrkosten.“
Das bedeutet wiederum, dass anfallende Mehrkosten aufgrund eines Lieferengpasses nicht übernommen werden, wenn kein Rabattvertrag vorliegt. Rechnet die Apotheke die Mehrkosten dennoch zulasten der Kasse ab, riskiert sie eine Retax und bleibt mitunter auf der Summe sitzen.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) spricht in diesem Fall von einem Systemversagen. Zudem gelte das Sachleistungsprinzip. Schließlich erfolgt die Versorgung über dem Festbetrag aufgrund von Lieferausfällen und nicht auf Wunsch der Versicherten. Und Lieferschwierigkeiten liegen laut BAS nicht im Verantwortungsbereich der Versicherten. Das BAS hält in diesem Zusammenhang ausdrücklich fest, dass für die Versicherten die Möglichkeit besteht, sich nachträglich im Wege der Kostenerstattung an ihre Krankenkasse zu wenden und so die entstandenen Mehrkosten zurückzufordern. „Da kein Fall der Versorgung mit einem vom Versicherten begehrten ‚Wunscharzneimittel‘ vorliegt, hat der Versicherte entstehende Mehrkosten nicht zu tragen“, so das BAS.
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