Rahmenvertrag (Teil 5): Wirkstoffverordnung
Keine freie Wahl: Hat der Arzt nicht die genaue Produktbezeichnung auf der Verordnung angegeben, sondern nur den Wirkstoff rezeptiert, liegt eine sogenannte Wirkstoffverordnung vor. Einen Freifahrtschein für die Abgabe hat die Apotheke dennoch nicht. Der Rabattvertrag hat Priorität. Gibt es keinen, gilt die Abgaberangfolge. Allerdings ist eine Wirkstoffverordnung nicht für alle Arzneistoffe zulässig.
Hat der Arzt Wirkstoffnamen, Wirkstärke, Darreichungsform und abzugebende Menge verordnet, ist von einer Wirkstoffverordnung die Rede. Angaben zum Hersteller und dem Fertigarzneimittelnamen oder der PZN gibt es nicht. Wie ist vorzugehen?
Rabattvertrag
Oberste Priorität hat der Rabattvertrag der Kasse. Liegt für den Wirkstoff ein Zuschlag vor, muss auch entsprechend geliefert werden. Wurde der Wirkstoff im Mehrpartnermodell vergeben, kann in der Apotheke aus allen Rabattpartnern frei gewählt werden. Auf den Preis muss dabei nicht geachtet werden.
Liegt kein Zuschlag vor oder sind die Rabattarzneimittel nicht lieferbar, stehen die vier preisgünstigsten Arzneimittel zur Wahl.
Preisanker
Merke: Einen Preisanker gibt es bei einer Wirkstoffverordnung nicht. Es gibt also keine Preisobergrenze.
Sind die vier preisgünstigsten Arzneimittel nicht lieferbar, wird entsprechend der vom Rahmenvertrag geforderten Abgaberangfolge nach dem nächstpreisgünstigen Arzneimittel gesucht. Das geschieht Preisstufe um Preisstufe aufwärts, bis ein abgabefähiges Arzneimittel gefunden ist.
Sonder-PZN
Kann der Rabattvertrag der Kasse nicht bedient werden, müssen Sonder-PZN 02567024 und Faktor 2 auf das Rezept gedruckt werden. Wurden mehrere Zuschläge vergeben, darf das Sonderkennzeichen nur verwendet werden, wenn alle Rabattpartner ausfallen. Apotheken müssen für jedes Arzneimittel zwei Defektbelege beim Großhandel einholen.
Merke: Die Abgaberangfolge ist bei mehreren Rabattarzneimitteln durch die Nichtverfügbarkeit eines Partners der Kasse nicht außer Kraft gesetzt.
Gibt es keinen Rabattvertrag und sind die vier preisgünstigsten Arzneimittel nicht lieferbar, müssen auch bei einer Wirkstoffverordnung Sonder-PZN und Faktor 3 aufgedruckt werden. Für alle nicht verfügbaren Arzneimittel des Auswahlbereiches müssen je zwei Defektbelege dokumentiert werden.
Sind Rabattarzneimittel und die vier preisgünstigsten Arzneimittel nicht lieferbar, müssen Sonder-PZN und Faktor 4 aufgedruckt werden.
Wirkstoffverordnung ausgeschlossen
Unzulässig sind Wirkstoffverordnungen bei Substanzen, die es in die Substitutionsausschlussliste, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt wird, geschafft haben. Anlage VII der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) berücksichtigt vor allem Wirkstoffe mit geringer therapeutischer Breite, bei denen schon geringfügige Dosisänderungen oder Abweichungen in der Wirkstoffkonzentration klinisch relevante Veränderungen haben können.
- Antiepileptika: Carbamazepin (Retardtabletten), Phenobarbital, Phenytoin und Primidon als Tabletten sowie Valproinsäure, auch als Natriumvalproat und Valproinsäure in Kombination mit Natriumvalproat als Retardtabletten
- Antikoagulantien: Phenprocoumon als Tablette
- Herzwirksame Glykoside: Beta-Acetyldigoxin, Digitoxin und Digoxin als Tablette
- Immunsuppressiva: Ciclosporin als Weichkapsel und Lösung zum Einnehmen sowie Tacrolimus als Hartkapsel
- Opioid-Analgetika: Buprenorphin als transdermales Pflaster mit unterschiedlicher Applikationshöchstdauer, beispielsweise bis zu drei Tage beziehungsweise bis zu vier Tage sowie Hydromorphon und Oxycodon als Retardtablette mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit, beispielsweise alle 12 beziehungsweise alle 24 Stunden
- Schilddrüsenhormone: Levothyroxin-Natrium als Monopräparat und in Kombination mit Kaliumjodid als Tablette
Achtung: Ein Austausch zwischen Import und Original ist auch bei Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste nötig.
Arzneistoffe der Substitutionsausschlussliste müssen eindeutig verordnet werden. Dazu muss der Arzt Namen und Hersteller des Präparates und die zugehörige Pharmazentralnummer rezeptieren. Sonst handelt es sich um eine unklare Verordnung, die nicht beliefert werden darf.
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