Herzinsuffizienz: Fehldiagnose wegen Pregabalin
Gabapentinoide wie Pregabalin werden hierzulande immer häufiger verordnet. Dabei droht ein hohes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Mehr noch: Pregabalin und Co. können zu Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen führen. Ein Beispiel ist eine falsch diagnostizierte Herzinsuffizienz.
Gabapentin und Pregabalin kommen vor allem für die Behandlung neuropathischer Schmerzen zum Einsatz. Doch auch der Off-Label-Use zur Therapie von Patient:innen mit chronischen, nicht neuropathischen Schmerzen und psychiatrischen Störungen nimmt immer weiter zu. Die Folge: Die Verordnungszahlen haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht, das gilt vor allem für Pregabalin, wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informiert.
Das Problem: Mitunter fehlt Verschreibenden die Erfahrung im Umgang mit entsprechenden Arzneimitteln. Und dazu gehören auch mögliche Nebenwirkungen. Unter der Behandlung mit Pregabalin und Co. kann es daher zu Fehldiagnosen wie einer Herzinsuffizienz kommen, die überhaupt nicht vorliegt, wie aktuelle Daten belegen.
Pregabalin und Gabapentin gehören zu den Antikonvulsiva. Die Strukturanaloga der Gamma-Aminobuttersäure (GABA) besitzen eine GABA-ähnliche Wirkung, allerdings wird diese im Fall von Pregabalin nicht über die Bindung an GABA-Rezeptoren, sondern an spannungsabhängigen Calciumkanälen im Zentralnervensystem erreicht. In der Folge kommt es zu einer Verringerung des Calcium-Einstroms, wodurch wiederum weniger Neurotransmittern ausgeschüttet werden. Beispielsweise wird die Freisetzung von Noradrenalin und der Substanz P verringert und die neuronale Erregbarkeit gesenkt.
Pregabalin und Co.: Fehldiagnose Herzinsuffizienz
Ein Forscherteam der Universität von Kalifornien in San Francisco (USA) hat die Daten von Patient:innen untersucht, die mit Gabapentinoiden wie Pregabalin oder Gabapentin sowie Schleifendiuretika behandelt wurde.
Dabei zeigte sich: Obwohl das Auftreten von Ödemen zwar in den Fachinformationen entsprechender Gabapentinoid-haltiger Arzneimittel als häufige Nebenwirkung aufgeführt ist, wurden diese jedoch meist nicht als unerwünschte Wirkung erkannt, sondern irrtümlich als Anzeichen einer Herzinsuffizienz gedeutet. Daher wurden zur weiteren Behandlung Schleifendiuretika verordnet. Stichwort Verschreibungskaskade. Und diese führten wiederum zu Nebenwirkungen wie einer Verschlechterung der Nierenfunktion, Elektrolytstörungen und Stürzen, die mitunter im Krankenhaus behandelt werden mussten
Wie die Forschenden deutlich machen, hätten vor allem Unsicherheiten im Umgang mit Pregabalin und Co. zu den Fehldiagnosen geführt. „Ärzte erkennen mitunter häufige Nebenwirkungen von Medikamenten wie Gabapentin – das oft gegen Nervenschmerzen verschrieben wird – nicht und verschreiben daher unnötige Medikamente, die weitere Nebenwirkungen verursachen.“ Daher appellieren sie zu einer sorgsamen Verschreibung – insbesondere, weil beispielsweise Pregabalin tatsächlich das Risiko für Herzinsuffizienz erhöhen kann, wie Forschende zuletzt herausgefunden haben.
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