Plötzlicher Herztod durch Antidepressiva?
Schätzungsweise jede/r Sechste leidet hierzulande an depressiven Störungen. Behandelt wird vor allem medikamentös. Doch dabei ist Vorsicht geboten. Denn: Unter Antidepressiva steigt das Risiko für einen plötzlichen Herztod, zeigt eine Studie.
Pro Jahr werden allein hierzulande deutlich mehr als eine Milliarde Tagesdosen Antidepressiva verschrieben. Denn leiden Patient:innen an depressiven Störungen, Angstzuständen und Co., gehören Wirkstoffe wie Fluoxetin, Bupropion, Duloxetin, Citalopram und Venlafaxin häufig zu den Mitteln der Wahl. Ein Abhängigkeitspotenzial sollen diese zwar nicht besitzen, doch bei der Einnahme drohen dennoch Risiken. Wie dänische Forschende herausgefunden haben, kann unter Antidepressiva offenbar das Risiko für einen plötzlichen Herztod steigen.
Antidepressiva werden unter anderem in trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva, Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer und Monoaminooxidase-Hemmer unterschieden. Ihr Wirkmechanismus kann je nach Wirkstoff abweichen, wobei jedoch alle Einfluss auf den Neurotransmitter-Stoffwechsel nehmen und dadurch depressionslösende und stimmungsaufhellende Effekte besitzen.
Bei einem plötzlichen Herztod – auch Sekundentod – kommt es zu einem unerwarteten Herz-Kreislauf-Stillstand, denn das Herz stellt seine Arbeit ein. Die Folgen: Betroffene verlieren das Bewusstsein und hören auf zu atmen. Zu den Ursachen gehören vor allem Vorerkrankungen wie eine Herzmuskelentzündung oder eine koronare Herzkrankheit.
Plötzlicher Herztod häufiger unter Antidepressiva
Das Forscherteam vom Herzzentrum des Rigshospitalets in Kopenhagen hat eine Untersuchung von Todesfällen in Dänemark im Jahr 2010 vorgenommen. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der Jahrestagung der European Heart Rhythm Association vorgestellt. Von den mehr als 45.700 Personen verstarben mehr als 6.000 aufgrund von plötzlichem Herztod. Dabei zeigte sich: Rund ein Drittel der Fälle entfiel auf Betroffene, die zuvor mit Antidepressiva behandelt wurden.
Wie die Wissenschaftler:innen betonen, könnte sich daraus ein Zusammenhang ergeben. Demnach stieg mit Einnahme entsprechender Wirkstoffe offenbar das Risiko für einen plötzlichen Herztod. Je länger die Behandlung andauerte, desto größer die Gefahr – von einem 56 Prozent erhöhten Risiko bei 1-5 Jahren Therapiedauer bis zu einem mehr als zweifach erhöhten Risiko ab sechs Jahren. Besonders gefährdet waren demnach jüngere Patient:innen zwischen 30 und 39 Jahren, bei denen das Risiko um bis zu das Fünffache stieg.
Die Ursachen für den Zusammenhang zwischen einem plötzlichen Herztod unter Antidepressiva führen die Forschenden vor allem auf die Nebenwirkungen entsprechender Arzneimittel – darunter ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen – zurück. Doch auch die Schwere der depressiven Erkrankung sowie der Lebensstil könnten eine Rolle spielen.
Expert:innen warnen jedoch davor, aufgrund der Ergebnisse auf eine entsprechende Behandlung zu verzichten oder eine bestehende Therapie auf eigene Faust abzubrechen, da dies ebenfalls gravierende Folgen haben könnte. Stattdessen gelte es, eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung durchzuführen.
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