Pharmystery: Mumienpulver
Ein Arzneimittel hergestellt aus Mumien als Wundermittel gegen eine Vielzahl an Erkrankungen – das klingt zunächst unglaublich, ist aber wahr. Mumienpulver erfreute sich einst großer Beliebtheit und wurde sogar bis ins 20. Jahrhundert offiziell verkauft.
Ursprünglich hat der Begriff „Mumie“ nichts mit verstorbenen Personen zu tun. Das persische beziehungsweise arabische Wort „mumia“ bedeutet ursprünglich „Wachs“. Im weiteren Verlauf der Sprachentwicklung wird die Bedeutung auf „Bitumen“ und „Asphalt“ erweitert. Durch die schwarzbraune Färbung und die feste Substanz glaubte man im Mittelalter, dass Mumien mit Asphalt oder Bitumen einbalsamiert und so konserviert wurden. Somit wurde mit „mumia“ zunächst nur die Substanz zum Zweck der Einbalsamierung beschrieben. Erst später wurde der Begriff „Mumie“ auch für den einbalsamierten Körper an sich verwendet.
Mumienpulver als Allheilmittel
Schon im 16. Jahrhundert fanden sich Ausführungen zum Mumienpulver in Fachinformationen wieder, wobei im arabischen Raum schon früher auf die heilsame Wirkung der „Mumienharze“ gesetzt wurde. Einerseits befürworteten arabische Ärzt:innen die ohnehin bekannte positive Wirkung von Asphalt, mit dem sie den Leichnam einbalsamiert glaubten, andererseits wurden den meist sehr gut erhaltenen Leichnamen geheimnisvolle Kräfte nachgesagt. Ebenso taten sich für Ägypten neue Handelsbeziehungen auf, da die dort gefundenen Mumien in bereits pulverisierter Form oder in Stücken exportiert wurden.
Bei dem florierenden Handel ließen auch Fälschungen nicht lange auf sich warten, weshalb Apotheken darauf achteten, dass nur die „echte ägyptische Mumie“ (Mumia vera aegyptiaca) für die Abgabe bezogen wurde. Im Jahr 1574 zählte der Arzt Joachim Strüppe 21 Anwendungsgebiete und Erkrankungen auf, die mit Mumienpulver behandelt werden könnten. Unter anderem waren hier Kopfschmerzen, Zittern, Herzleiden, Schwindel, Gicht, Halsschmerzen und Husten genannt. Auch gegen Fieber, Epilepsie und Blutungen sollte Mumienpulver helfen. Sogar als Potenzmittel sei es geeignet, da „Mumia“, wie das Pulver offiziell genannt wurde, einen aphrodisierenden Effekt habe.
Ein Kassenschlager in deutschen Apotheken
Trotz des erschreckenden Inhalts war „Mumia“ ein beliebtes Arzneimittel und wurde vielfach gekauft. So hatten deutsche Apotheken meist mindestens eine Flasche des Mumienpulvers im Sortiment. Auch der gehobene Preis für „Mumia“ schreckte Kund:innen nicht vom Kauf ab. Die erhofften positiven Effekte machten das Mumienpulver zum Dauerbrenner. Eine Preisliste von Merck führte noch im Jahr 1924 „Mumia vera Aegyptiaca“ für einen Kilopreis von zwölf Goldmark auf.
Die wissenschaftliche Untersuchung von Resten aus einem Gefäß mit der Aufschrift „Mumia“ bestätigte überdies, dass der Inhalt tatsächlich menschlichen Ursprungs war.
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