Die dritte Welle der Pandemie rollt. Zur Eindämmung mahnt die Bundesregierung mehr denn je zu Kontaktbeschränkungen und Tests. So sollen Angestellte auch am Arbeitsplatz mindestens einmal wöchentlich kostenlos getestet werden. Eine Pflicht zum Testangebot und dessen Annahme gibt es bisher nur in Berlin und Sachsen. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn die bisherige Bilanz fällt eher trüb aus, oder?
In Berlin und Sachsen gilt bereits eine wöchentliche Testpflicht für alle Angestellten mit Kundenkontakt – auch für Apotheker:innen und PTA. So müssen Arbeitgeber:innen ihren Mitarbeiter:innen pro Woche die Durchführung von mindestens einem kostenlosen Coronatest anbieten und Beschäftigte sind verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen, wie es in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung heißt. Dagegen hatte ein Apothekenleiter aus Sachsen einen Eilantrag vor Gericht eingereicht. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht erteilte ihm jedoch eine Absage.
Die Apothekengewerkschaft Adexa befürwortet dagegen das regelmäßige Testen von Apothekenteams. „Apothekenangestellte haben täglich Kundenkontakt, sind also aus meiner Sicht viel infektionsgefährdeter als jemand, der wie ich beruflich nur in telefonischem oder digitalem Kontakt zu anderen Personen steht. Die Testung von Apothekenangestellten wirkt in beide Richtungen, also gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, aber natürlich auch gegenüber Kunden. Auf diese Weise wird eine große Zahl von Menschen geschützt“, erklärt Adexa Rechtsexpertin Minou Hansen.
Update: Das Bundeskabinett hat die Pflicht zum Testangebot für Unternehmen beschlossen. Arbeitgeber:innen müssen ihren Angestellten ab kommender Woche mindestens einmal pro Woche ein Testangebot machen.
Bereits vor der Entscheidung hatte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärt, die Testpflicht sei unnötig und kontraproduktiv. Denn im Gegensatz zu den eher ernüchternden Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung, wonach in der zweiten Märzhälfte nur knapp jede/r vierte Arbeitnehmer:in Zugang zu einem Schnelltest am Arbeitsplatz hatte, zeigt der BDI ein anderes Bild.
BDI: Pflicht zum Testangebot „nicht praxistauglich“
Der Verband schätzt eine bundesweite Pflicht zum Testangebot für Unternehmen als weder „praxistauglich noch geeignet oder erforderlich“ ein. Denn bereits zwischen 80 und 90 Prozent der Unternehmen würden ihren Mitarbeiter:innen ein Testangebot ermöglichen oder diese Maßnahme vorbereiten, wie der aktuelle Sachstandsbericht #WirtschaftTestetGegenCorona vom BDI, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks zeigt. Dafür wurden von Mitte bis Ende März 240 Geschäftsführer:innen befragt. Knapp zwei Drittel von ihnen (64 Prozent) bieten demnach bereits Tests am Arbeitsplatz an, mehr als ein Viertel (27 Prozent) plant dies aktuell. Jedes zweite Unternehmen unterbreitet ein wöchentliches Testangebot.
Dabei müssten die Unternehmen zahlreiche Hürden nehmen, beispielsweise bei der Beschaffung der Tests und der Organisation zur Durchführung. Eine Testpflicht würde „das breit getragene Engagement zu Tests“ bremsen und zu Unsicherheiten führen, heißt es vom BDI. Stattdessen solle die Wirtschaft die bisher positive Entwicklung „auf der Basis von Freiwilligkeit, Pragmatismus und Ergebnisorientierung“ fortführen.
Gesundheitsminister Jens Spahn äußerte sich am Freitag Im Rahmen der Bundespressekonferenz ebenfalls zur möglichen Pflicht zum Testangebot für Unternehmen. Laut Spahn prüfe das Bundeswirtschaftsministerium derzeit ständig das Testangebot in Unternehmen. Ziel sei es, wie auch bei der Bund-Länder-Konferenz beschlossen, dass 90 Prozent der Unternehmen regelmäßige Testungen für Arbeitnehmer:innen anbieten, die nicht aus dem Homeoffice heraus arbeiten können. Das Angebot müsse dann aber von den Angestellten auch angenommen und in den Arbeitsalltag integriert werden, so der Minister. Das sei bisher noch nicht ausreichend der Fall. Auch der BDI spricht von einer „zögerlichen Annahme des Testangebots bei Beschäftigten“.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Hochpreiser: Staat verdient mehr als Apotheken
Dem Gesundheitssystem fehlt es an Geld. Die Krankenkassen rechnen mit einem Milliardendefizit und statt einer Erhöhung des Apothekenhonorars ist nur …
ALBVVG wirkungslos: Preis warnt vor Lieferengpässen
Der Herbst steht vor der Tür, bald zücken wohl viele Menschen wieder verschnupft ein Taschentuch. Doch abseits von Erkältungen gibt …
Forderung: Geld in Apotheken statt versicherungsfremde Leistungen investieren
Geht es nach den Krankenkassen, sollen versicherungsfremde Leistungen vollständig aus der Finanzverantwortung der GKV gestrichen werden. Unterstützung kommt von der …