Auch in diesem Jahr macht die Pandemie vielen Präsenzveranstaltungen einen Strich durch die Rechnung, das gilt auch für manche Weiterbildungen. Finden diese doch statt, zum Beispiel digital, fällt das mitunter in die Freizeit. Da stellt sich die Frage, ob eine Fortbildung trotzdem als Arbeitszeit zählt, wenn der/die Chef:in sie vorgeschrieben hat.
PTA und andere Apothekenmitarbeiter:innen, die sich weiterbilden möchten, haben Anspruch auf Bildungsurlaub und können für bestimmte Zeit von der Arbeit freigestellt werden, ohne Minusstunden zu riskieren oder ihren Erholungsurlaub opfern zu müssen. Doch was gilt, wenn die Weiterbildung nicht freiwillig, sondern von dem/der Chef:in angeordnet wird? Zählt die Fortbildung dann als Arbeitszeit und was passiert, wenn diese auf ein Wochenende oder den Feierabend fällt?
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) liefert in einem Urteil die Antwort. Die Richter:innen verweisen dabei zunächst auf die Definition gemäß der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Darin heißt es, dass als „Arbeitszeit“ jede Zeitspanne gilt, in der Beschäftigte arbeiten, ihrem/ihrer Chef:in zur Verfügung stehen und ihren Aufgaben nachgehen. Trifft dies auch auf vorgeschriebene Weiterbildungen zu? Ja, sagt der EuGH. „Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Anweisung, eine berufliche Fortbildung zu absolvieren, um die von ihm wahrgenommenen Aufgaben ausüben zu können, […], ist davon auszugehen, dass dieser Arbeitnehmer während der Zeiten der beruflichen Fortbildung seinem Arbeitgeber zur Verfügung steht.“
Das bedeutet also, dass eine vorgeschriebene Fortbildung als Arbeitszeit gilt und somit Anspruch auf das volle Gehalt besteht – auch wenn dabei nicht die vertraglich vereinbarte Arbeit erfüllt wird. Dazu heißt es vom EuGH weiter: „Schließlich steht auch der Umstand, dass sich die Tätigkeit, die ein Arbeitnehmer während der Zeiten der beruflichen Fortbildung ausübt, von der Tätigkeit unterscheidet, die er im Rahmen seiner gewöhnlichen Aufgaben ausübt, dem nicht entgegen, dass diese Zeiten als Arbeitszeit eingestuft werden, wenn die berufliche Fortbildung auf Veranlassung des Arbeitgebers absolviert wird und der Arbeitnehmer folglich im Rahmen dieser Fortbildung dessen Weisungen unterliegt.“
Ausschlaggebend ist somit das Weisungsrecht, das Arbeitgebenden durch die Gewerbeordnung zusteht und wonach sie unter anderem festlegen können, wo Beschäftigte arbeiten. Folglich gilt der Ort der Weiterbildung als Arbeitsort und die für die Fortbildung aufgewendete Zeit als Arbeitszeit. Ist davon auch die arbeitsfreie Zeit betroffen, fallen Überstunden an, die anschließend ausgeglichen werden müssen – finanziell oder in Form von Freizeit.
Tipp: Auch die Reisezeit zur Weiterbildung kann unter Umständen als Arbeitszeit zählen.
Für den finanziellen Ausgleich von Überstunden erhalten Apothekenmitarbeiter:innen laut Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) die reguläre Grundvergütung (in der Regel 1/173 des Tarifgehalts) sowie einen Zuschlag von 25 Prozent pro Stunde für die ersten zehn Überstunden sowie 50 Prozent bei mehr als zehn Stunden Mehrarbeit.
Achtung: Auch ein Freizeitausgleich bei Fortbildungen in der arbeitsfreien Zeit ist im BRTV geregelt. „Nimmt ein Mitarbeiter an einer Fortbildungsveranstaltung im Sinne des Absatzes 1 in für ihn arbeitsfreier Zeit teil, so kann er in entsprechendem Umfang innerhalb der nächsten zwölf Wochen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Gehaltes verlangen.“ Dies gilt jedoch für freiwillige Weiterbildungen.
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