Fehlgeleitete Rezept-Faxe: Datenschützer statt Apotheke
Mehr als 823 Millionen E-Rezepte wurden hierzulande bereits eingelöst. Elektronische Verordnungen sind somit aus dem Alltag von Praxen und Apotheken nicht mehr wegzudenken. Doch das gilt weiterhin auch für das Faxgerät. Sollen darüber Verordnungen übermittelt werden, heißt es Augen auf. Denn mitunter sind Datenschützer:innen die Empfänger:innen von fehlgeleiteten Fax-Rezepten.
Seit rund eineinhalb Jahren ist das E-Rezept hierzulande flächendeckend eingeführt. Doch trotz voranschreitender Digitalisierung hat das Fax weiterhin einen hohen Stellenwert, nicht nur in der Apotheke, sondern auch in Arztpraxen. Sollen auf diesem Weg Verordnungen übermittelt werden, lauern jedoch Stolperfallen. Stichwort Datenschutz. Besonders knifflig wird es, wenn Fax-Rezepte fehlgeleitet werden und nicht bei dem/der richtigen Empfänger:in – der Apotheke –, sondern sogar bei Datenschutzbehörden landen.
Fehlgeleitete Rezept-Faxe wegen falscher Empfängernummer
Aktuell berichtet das Unabhängige Datenschutzzentrum im Saarland über gehäufte Fälle fehlgeleiteter Fax-Rezepte, die bei den Datenschützer:innen eingehen, anstatt die vorgesehene Apotheke zu erreichen. Der Grund: „Die tückischen Täuschungen der Online-Suchmaschinen“, erklärt die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit im Saarland im 33. Tätigkeitsbericht ihrer Behörde.
Denn häufig werde in der Arztpraxis vor der Übermittlung der Rezept-Faxe zunächst online nach der entsprechenden Nummer der Apotheke gesucht. Dabei sei es leicht möglich, über die Kontaktdaten der Behörde zu „stolpern“, weil diese in den Datenschutzerklärungen als zuständige Aufsichtsbehörde inklusive Kontaktdaten gelistet wird. Diese werden „von den Suchmaschinen dann oftmals fälschlicherweise als Kontaktinformationen des betroffenen Unternehmens interpretiert und dargestellt.“ Die Folge: Die Absender:innen kopieren die falsche Fax-Nummer und senden die Verordnung somit zum/zur falschen Empfänger:in.
„Ein Fall von Datenschutzironie in Reinform“, kommentieren die Expert:innen. Denn mit dem Rezept-Fax werden sensible, gesundheitsbezogene Daten übermittelt, deren Verarbeitung gemäß Artikel 9 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) generell untersagt und nur in Ausnahmefällen gestattet ist.
E-Rezepte statt Fax
Kommt es zu fehlgeleiteten Rezept-Faxen bei der Behörde, gebe diese meist einen wohlwollenden Hinweis an den Absender, da ein einmaliger Irrtum jedem/jeder passieren könne, so die Begründung. Weil jedoch eine Praxis im letzten Jahr besonders hartnäckig war und trotz mehrfacher Hinweise auf die falsche Empfängernummer weiterhin Rezepte an die Datenschützer:innen faxte, wurde ein Bußgeld verhängt. Denn auf der Verordnung wurden Name, Adresse, Geburtsdatum und das jeweilige Arzneimittel offengelegt, was einen Verstoß gegen die DSGVO darstellt – schließlich hatten die Patient:innen der Übermittlung an die Behörde nicht zugestimmt. Anders als bei einem einmaligen Irrtum handelte es sich in diesem Fall um grobe Fahrlässigkeit, die geahndet wurde.
Um fehlgeleitete Rezept-Faxe künftig zu vermeiden, appellieren die Datenschützer:innen an Praxen und andere medizinische Einrichtungen, die Empfängeradresse sorgfältig zu überprüfen. Mehr noch. So sollte der Gebrauch des Faxes generell überdacht werden. „Ist Fax im Jahr 2024 noch das Mittel der Wahl für die Übermittlung sensibler Gesundheitsdaten?“ Als Alternative sollte besser auf das E-Rezept gesetzt werden.
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