Nicht lieferbar, stückeln erlaubt?
Dass es Lieferengpässe bei Arzneimitteln gibt, gehört zum Apothekenalltag. PTA versuchen, den Mangel zu verwalten und werden in der Not erfinderisch. Es stellt sich die Frage, ob sie stückeln dürfen, wenn die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist.
Stückeln möglich?
Bei Vorlage eines Kassenrezeptes hat der Rabattvertrag der Kasse bei der Belieferung stets Vorrang – es sei denn, der Arzt schließt durch Setzen des Aut-idem-„Kreuzes“ einen Austausch aus (Ausnahme Import/Original beachten) oder es handelt sich um ein Arzneimittel der Substitutionsausschlussliste.
Hat die Kasse einen Rabattvertrag geschlossen, muss also entsprechend geliefert werden. Ist das rabattierte Arzneimittel jedoch nicht lieferbar, gilt es, die Abgaberangfolge zu beachten. Im generischen Markt kann eines der vier preisgünstigsten Präparate geliefert werden, allerdings darf das abgegebene Arzneimittel nicht teurer als das verordnete sein. Sind jedoch auch diese vier nicht zu bekommen, darf das nächstpreisgünstige verfügbare Arzneimittel abgegeben werden. Apotheken müssen in diesem Fall die Sonder-PZN 02567024 und den Faktor 4 aufdrucken.
Ist jedoch kein Arzneimittel verfügbar, das die Austauschkriterien erfüllt, gibt es keinen Rabattvertrag oder handelt es sich um ein Arzneimittel der Substitutionsausschlussliste, kommt das Stückeln ins Spiel. Dies ist beispielsweise eine Option, wenn 100 Tabletten eines Arzneimittels verordnet sind, aber nur kleinere Packungen beispielsweise zu 50 Stück lieferbar sind.
Grundlage und Retaxsicherheit für das Stückeln bietet der Rahmenvertrag in § 6 Absatz 2. Demnach verliert die Apotheke den Vergütungsanspruch nicht, wenn „bei einer Verordnung, für die § 8 keine Regelung enthält, unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und des Vorranges der Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel Packungen bis zu der vom Arzt insgesamt verordneten Menge abgibt (§ 31 Absatz 4 SGB V).“ (§ 8 Rahmenvertrag regelt die Packungsgrößen, hier ist kein Hinweis auf die Nichtverfügbarkeit zu finden).
Zuzahlung pro Packung
Liefert die Apotheke also 2×50 Stück anstelle der verordneten 100 Stück, muss der Patient pro Packung die gesetzliche Zuzahlung leisten.
Die Apotheke sollte die Nichtverfügbarkeit auf dem Rezept dokumentieren und die entsprechenden Defektbelege aufbewahren.
Keine Akutversorgung kenntlich machen
Wer denkt, er könne eine Stückelung mit einer Akutversorgung rechtfertigen, sollte die Idee wieder verwerfen. Für die Abgabe im Notfall gelten laut Rahmenvertrag gesonderte Vorschriften, wann von der Abgaberangfolge abgewichen werden darf. Die Sonderreglungen sind in § 17 nachzulesen. Darin heißt es beispielsweise: „Ist eine nach Stückzahl verordnete Packung nicht vorrätig, so ist die nächstkleinere vorrätige Packung abzugeben.“ Stückeln ist somit nicht möglich. Eine Ausnahme ist die Arztrücksprache und ein entsprechender Vermerk des Ergebnisses.
Nicht verfügbar: Definition und Defektbeleg
Ein Arzneimittel gilt laut Definition des Rahmenvertrages als nicht verfügbar, wenn es innerhalb einer angemessenen Zeit nicht beschafft werden kann. Der Begriff „angemessen“ ist nicht weiter definiert.
Dass ein Arzneimittel nicht verfügbar ist, müssen Apotheken belegen. Dazu müssen zwei Verfügbarkeitsabfragen im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Rezeptvorlage erfolgen und auch dokumentiert werden. Die Verfügbarkeitsanfragen müssen bei zwei Großhändlern durchgeführt werden. Wird eine Apotheke nur von einem Großhandel beliefert, genügen zwei Anfragen in einem zeitlich angemessenen Abstand. Der Großhandel stellt den Apotheken einen Defektbeleg zur Verfügung, der mindestens Angaben zum abgefragten Großhandel, dem IK der anfragenden Apotheke, dem Zeitstempel der Anfrage mit Uhrzeit und Datum sowie der abgefragte Pharmazentralnummer enthalten muss.
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