Die Koalition will den Apotheken die Arzneimittelabgabe im Falle eines Lieferengpasses erleichtern. Der Preisanker, die 24-Stunden-Regel und die im Rahmenvertrag geforderte strenge Abgaberangfolge sollen entfallen. Außerdem sollen Patienten im Falle eines Defektes nicht mehr für Mehrkosten aufkommen müssen. Stattdessen sollen die Kassen die Festbetragsaufzahlungen übernehmen. Das geht aus den Änderungsanträgen des Faire-Kassenwettbewerbs-Gesetzes (FKG) hervor. Diese sind allerdings noch nicht „ressortabgestimmt“.
Das FKG beinhaltet unter anderem Änderungsanträge zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Denn in Apotheken stehen Lieferausfälle an der Tagesordnung. So sind oft auch viele Rabattartikel nicht lieferbar. Dabei haben laut Begründung des FKG die Vertragspartner des Rahmenvertrags eine bedarfsgerechte Versorgung mit rabattierten Arzneimitteln sicherzustellen. „Ein Arzneimittel ist nicht verfügbar, wenn es innerhalb einer angemessenen Frist nicht beschafft werden kann.“ Die angemessene Frist ist allerdings nicht genau definiert. Geht es nach der Koalition, soll die Apotheke im Falle der Nichtverfügbarkeit eines rabattierten Arzneimittels bei Vorlage der ärztlichen Verordnung berechtigt werden, „ein anderes wirkstoffgleiches, auch nicht-rabattiertes Arzneimittel unmittelbar abzugeben.“
Kein Preisanker
Geht es nach dem Rahmenvertrag, hat der Rabattpartner der Kasse stets Vorrang. Sind jedoch Rabattartikel nicht lieferbar oder gibt es gar keinen, ist die Apotheke verpflichtet, eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel entsprechend der Aut-idem-Regelung abzugeben. Das gelieferte Arzneimittel darf jedoch nicht teurer sein als das verordnete. Außerdem gilt das verordnete Präparat als Preisobergrenze oder Preisanker. Doch dieser scheint aus Sicht der Koalition unnötig. „Ein ‚gesetzlicher Preisanker‘ erscheint im Hinblick auf die bestehende Versorgungssituation nach dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 nicht zielführend. Damit ist im Einzelfall weiterhin die Abgabe eines teureren als des verordneten Arzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.“
Keine Mehrkosten
Übersteigt das gelieferte Arzneimittel den Festbetrag, sollen Patienten nicht mehr auf den Mehrkosten sitzen bleiben. „Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, werden die Mehrkosten abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V nicht vom Versicherten, sondern von der Krankenkasse getragen.“
Alle Einzelheiten zur unmittelbaren Abgabe mit einem geringen bürokratischen Aufwand sowie zu deren Abrechnung sind von den Vertragspartnern des Rahmenvertrags festzulegen.
In der kommenden Woche wird das FKG abschließend im Bundestag beraten. Anschließend muss aber der Bundesrat noch zustimmen.
Die Koalition will noch weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Lieferengpässen beschließen, wie die Regelung, dass es bei versorgungsrelevanten Lieferengpässen möglich sein kann, „beim Inverkehrbringen von Arzneimitteln von der Erfordernis einer Kennzeichnung und einer Packungsbeilage in deutscher Sprache abzusehen, um eine Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen“. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit soll diese Ausnahmemöglichkeit allerdings auf Arzneimittel beschränkt werden, die von Ärzten oder Zahnärzten unmittelbar angewendet werden.
Lieferengpass: Mehr Befugnisse für das BfArM
Außerdem sollen die Befugnisse des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erweitert werden. „Abhängig vom Einzelfall und von der Bedeutung des Engpasses für die Versorgung kommen hier unterschiedliche Maßnahmen in Betracht. So kann die zuständige Bundesoberbehörde zum Beispiel im Einzelfall zur Vermeidung versorgungsrelevanter Lieferengpässe Anordnungen zur Kontingentierung treffen. Für Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen können Maßnahmen zur Lagerhaltung bereits im Vorfeld eines drohenden Lieferengpasses angeordnet werden, um diesen zu verhüten oder seine Auswirkungen abzumildern.“
Hersteller und Großhändler sollen auf Anforderung des BfArM Daten zu den verfügbaren Beständen, zur Produktion und zur Absatzmenge sowie zu drohenden Lieferengpässen übermitteln. Kommen Hersteller ihrer Pflicht zur Datenübermittlung nicht nach, müssen sie Bußgelder zahlen: Die neu geschaffene Verpflichtung zur Datenübermittlung „wird bußgeldbewehrt“, heißt es im Änderungsantrag.
Mehr aus dieser Kategorie
Elternzeit: Erlaubnis der Apothekenleitung Pflicht?
Mit der Elternzeit können sich Mütter und Väter eine berufliche Auszeit ermöglichen, um sich um ihren Nachwuchs zu kümmern – …
Überstunden: Wann fallen (keine) Steuern an?
Mehrarbeit lässt sich angesichts von Personalmangel und Co. für viele Apothekenangestellte oft nicht vermeiden. Diese sorgt immerhin für ein finanzielles …
Beschäftigungsverbot: Kein Erholungsbedürfnis = kein Urlaub?
Weil ein Fortsetzen der beruflichen Tätigkeit für einige Schwangere gefährlich werden kann, kommen mitunter Beschäftigungsverbote ins Spiel. Dass ausstehender Urlaub …