Mehr als Blutdrucksenker: Candesartan auch gegen Migräne wirksam?
Bis zu jede/r Siebte weltweit leidet unter Migräne – Frauen mehr als doppelt so häufig wie Männer. Zu den effektiven Behandlungsoptionen gehören neben Triptanen auch neue Wirkstoffe aus der Gruppe der Gepante. Nun bringen Forschende einen bereits in anderen Indikationen bewährten Wirkstoff ins Spiel: Candesartan gegen Migräne.
Kürzlich gab es ein Update für die Migräne-Therapie. So sieht die S1-Leitlinie zur Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) neben Triptanen als Goldstandrad unter anderem die Empfehlung zur Fixkombi aus Sumatriptan und Naproxen bei der Behandlung akuter Migräneattacken vor. Als weitere Option schlägt ein norwegisches Forscherteam nun den Einsatz von Candesartan gegen Migräne vor. Der Grund: Der Wirkstoff sorgt für einen Rückgang der Migränetage.
Sartane wie Candasartan entfalten ihre Wirkung durch einen Eingriff in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), indem die Wirkstoffe als selektive Antagonisten am AT1-Rezeptor fungieren und dort die Wirkung von Angiotensin II hemmen, das unter anderem an der Entstehung von Bluthochdruck maßgeblich beteiligt ist. Außerdem werden die Natrium-Ausscheidung sowie die Reabsorption von Kalium gefördert. Sartane finden in der Regel zur Behandlung von Hypertonie sowie bei Herzinsuffizienz und Nierenerkrankungen Anwendung, sollen Studien zufolge aber auch organoprotektiv und antiateriosklerotisch wirken. Candesartan gehört zu den am häufigsten verordneten AT1-Rezeptor-Blockern.
Die Studie
Der Reihe nach. Das Team der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie Trondheim hat in einer randomisierten, verblindeten, placebokontrollierten Phase-II-Studie untersucht, wie sich der Einsatz von Candesartan bei Patient:innen mit Migräne auswirkt. Dafür wurden mehrere hundert Erwachsene im Alter zwischen 18 und 64 Jahren herangezogen, die zwei bis acht Migräneattacken (mit oder ohne Aura) pro Monat aufwiesen. Die Teilnehmenden wurden über zwölf Wochen lang einmal täglich entweder mit einem Placebo, 8 mg oder 16 mg Candesartan behandelt. Währenddessen wurde überprüft, ob und wie sich die durchschnittliche Anzahl der Migränetage innerhalb von vier Wochen bis zu Woche neun bis zwölf verändert.
Das Ergebnis: Candesartan reduziert Migränetage
Während die Patient:innen zu Studienbeginn im Schnitt 5,7 Migränetage/Monat hatten, ging diese Zahl unter Candesartan (16 mg) um rund zwei Tage (2,04) in den Wochen neun bis zwölf zurück. In der Placebogruppe betrug der Rückgang nicht einmal einen Tag (0,82). Als häufigste Nebenwirkung unter der Behandlung mit dem Wirkstoff trat Schwindel auf. Schwere unerwünschte Wirkungen blieben jedoch weitgehen aus. Die genauen Hintergründe für den Effekt sind nicht bekannt.
„Die tägliche Verabreichung von Candesartan 16 mg ist wirksam und gut verträglich als vorbeugende Behandlung von episodischer Migräne“, fassen die Forschenden zusammen. Daher sei der Wirkstoff eine klinisch bedeutsame und evidenzbasierte Option zur Migräneprävention. Das Team fordert jedoch zugleich weitere Studien, um die langfristige Wirksamkeit genauer zu untersuchen.
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