Keine Abmahnung aus Schikane
Unpünktlichkeit, unentschuldigtes Fehlen, fehlerhafte Arbeit: Gründe, Angestellte abzumahnen, gibt es viele. Die Teilnahme an einem Streik gehört jedoch nicht dazu. Demnach ist eine Abmahnung aus Schikane nicht zulässig, wie ein aktuelles Urteil zeigt.
Das Thema Streik sorgt hierzulande für Aufregung – nicht erst seit dem bundesweiten Bahnstreik vom letzten Freitag. Erst im Herbst wurde auch in vielen Apotheken gestreikt. Der Grund: die Gesundheitspolitik von Minister Lauterbach mitsamt der Honorarkürzungen für Apotheken. Und die Kolleg:innen halten weitere Streiks keinesfalls für ausgeschlossen. Im Gegenteil: 77 Prozent des Apothekenpersonals haben in einer aposcope-Befragung kürzlich angegeben, sich nur durch Streiks Gehör verschaffen und auf die Situation aufmerksam machen zu können. Fest steht: Auch PTA dürfen grundsätzlich streiken. Für ihre Teilnahme dürfen sie und andere Angestellte von dem/der Arbeitgeber:in nicht benachteiligt werden. Eine Abmahnung aus Schikane beziehungsweise „Rache“ für das Streiken ist also ein No-Go, hat das Arbeitsgericht Siegen entschieden.
Wegen Streik: Abmahnung als Schikane?
Geklagt hatte ein Angestellter, der von seinem Arbeitgeber abgemahnt wurde, weil er nach der Teilnahme an einem Warnstreik seinen Dienst nicht rechtzeitig antreten konnte. „Wegen seiner Anwesenheit am Ort der zentralen Streikveranstaltung habe er seinen Dienst nicht erfüllen können und damit gegen die Dienstanweisungen verstoßen“, heißt es vom DGB Rechtsschutz zu den genauen Gründen des Chefs. Der Beschäftigte hielt die Abmahnung jedoch für Schikane und sah sein in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz garantiertes Streikrecht eingeschränkt.
Der Fall landete vor Gericht und das entschied zugunsten des Arbeitnehmers. Die Richter:innen erklärten die Verwarnung für unzulässig, sodass diese aus der Personalakte des Mannes gestrichen werden muss. Denn der Beschäftigte habe an einem rechtmäßigen Streik teilgenommen und sei anschließend seiner Pflicht nachgekommen, die Arbeit unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und des jeweiligen Einzelfalls schnellstmöglich wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber durfte demnach nicht verlangen, dass der Angestellte seine Teilnahme an der zentralen Streikveranstaltung früher beendet, um „quasi eine juristische Sekunde nach der Beendigung des Warnstreiks wieder an seinem Arbeitsplatz“ zu sein.
Da es sich bei einer Abmahnung um eine missbilligende Äußerung von Arbeitgebenden handele, um Arbeitnehmer:innen in ihrem beruflichen Fortkommen und im Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen, können Betroffene folglich verlangen, dass diese entfernt wird, wenn sie unrechtmäßig erteilt wurde, erklärt der DGB Rechtsschutz. Dies treffe im vorliegenden Fall zu.
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