Ibuprofen: Gedächtnisverlust durch Schmerzmittel?
An Schmerzmitteln mit Ibuprofen führt für viele Patient:innen in der Selbstmedikation kein Weg vorbei. Dass dabei mitunter auch unerwünschte Wirkungen drohen, ist bekannt. Dazu gehört auch ein kurzfristiger Gedächtnisverlust unter Ibuprofen.
Ibuprofen-haltige Arzneimitteln gehören zu den Schnelldrehern in der Apotheke. Doch die Einnahme kann mit Nebenwirkungen verbunden sein – allem voran gastrointestinale Beschwerden wie Sodbrennen, Übelkeit und Co. Doch auch Leberschäden können drohen und der Wirkstoff kann die roten Blutkörperchen verändern und so den Sauerstofftransport im Blut beeinflussen.
Doch damit nicht genug. „Wenn auch die Verträglichkeit von Ibuprofen im Allgemeinen als relativ gut gilt, so scheinen neuropsychiatrische Störungen nicht ganz selten vorzukommen“, heißt es von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Denn: Wie sich zeigt, kann es unter Ibuprofen offenbar zu einem Gedächtnisverlust kommen – zumindest kurzfristig.
Ibuprofen gehört zu den nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und hemmt die Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2 und somit die Prostaglandinbildung. Der Wirkstoff besitzt schmerzlindernde, fiebersenkende und entzündungshemmende Eigenschaften und kommt vor allem bei leichten bis mäßig starken Schmerzen zum Einsatz. Dosiert wird in Abhängigkeit von Alter und Körpergewicht. Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren und Erwachsene nehmen als Einzeldosis 200 bis 400 mg.
Fallbericht: Kurzzeitiger Gedächtnisverlust durch Ibuprofen
Wie die AkdÄ anhand eines älteren Fallberichtes informiert, kam es unter der Behandlung mit Ibuprofen zu einem kurzfristigen Gedächtnisverlust, genau zu Anzeichen von Pseudodemenz und Delir. So nahm ein 76 Jahre alter Patient, der als Dauermedikation mit Antihypertensiva, ASS und Vitaminen behandelt wurde, aufgrund einer Gonarthrose vor einer anstehenden Reise zur Linderung der Kniebeschwerden dreimal täglich 600 mg Ibuprofen ein. Dabei wurde die vom jeweiligen Hersteller angegebene Tageshöchstdosis von 2.400 mg nicht überschritten.
Nach drei Wochen zeigte der Mann laut Angehörigen Anzeichen von Verwirrung und erheblichen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, die für rund zwei Wochen anhielten. Nach dem Absetzen des Wirkstoffes besserten sich die Symptome wieder und der Bewusstseinszustand normalisierte sich innerhalb von einer Woche. Allerdings ließ sich einige Monate später bei einer erneuten Einnahme von 800 bis 1.200 mg/Tag Ibuprofen nahezu dieselbe Entwicklung beobachten, sodass laut den Expert:innen bei dem beobachteten Gedächtnisverlust und Co. von einer medikamenteninduzierten Wirkung ausgegangen werden kann.
Patient:innen auf Nebenwirkungen hinweisen
Hierzulande werden in den Fachinformationen verschiedener Ibuprofen-haltiger Arzneimittel sowohl psychiatrische Erkrankungen als auch Erkrankungen des Nervensystems als mögliche Nebenwirkungen aufgeführt. Während erstere, beispielsweise in Form von psychotischen Reaktionen oder Depression, als sehr selten eingestuft werden, können letztere häufig auftreten und sich unter anderem in Reizbarkeit, Müdigkeit, Erregung, Schlaflosigkeit und Schwindel zeigen.
Hinzukommen laut der AkdÄ weitere psychiatrische unerwünschte Arzneimittelwirkungen unter Ibuprofen wie Verwirrtheits- und Angstzustände, Unruhe, psychotische Reaktionen, Halluzinationen, Konzentrationsstörungen und kurzzeitiger Gedächtnisverlust, die in Spontanerfassungssystemen registriert wurden. Und auch in der Literatur werde häufig über kognitive Störungen unter NSAR, insbesondere bei älteren Patient:innen berichtet.
Daher gelte es, Patient:inenn entsprechend zu informieren und das Fachpersonal zu sensibilisieren. „Im Hinblick auf die sehr häufige Verwendung von Ibuprofen erscheint es geboten, auf diese möglichen Reaktionen hinzuweisen. Bei einer plötzlich auftretenden psychischen Veränderung eines Patienten, insbesondere auch bei Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, sollte nach der Einnahme von Ibuprofen bzw. anderen NSAR gefragt werden“, heißt es.
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