Dass die Zahl an Patient:innen mit Bluthochdruck stetig zunimmt, ist bekannt. Auch Schwangere sind oftmals von Hypertonie betroffen. Bei der Behandlung ist jedoch Vorsicht geboten. Denn zahlreiche Blutdruckmittel können Einfluss auf das Ungeborene nehmen. Sind ACE-Hemmer und Sartane tabu?
Wie Embryotox, das Pharmakovigilanzzentrum Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, informiert, leidet etwa jede zehnte Schwangere an arterieller Hypertonie. Diese kann entweder bereits bestehen, sich während der Schwangerschaft verstärken oder sogar neu auftreten.
Bei der Therapie müssen zum einen mögliche Gefahren für das ungeborene Kind ausgeschlossen beziehungsweise so gering wie möglich gehalten und zum anderen die gesundheitlichen Risiken für werdende Mütter im Blick behalten werden. Einheitliche Behandlungsleitlinien gibt es jedoch den Expertinnen zufolge jedoch bisher nicht. Mehr noch: Für eine medikamentöse Behandlung mit Antihypertensiva fehlen meist ausreichende Studien ab dem ersten Trimenon.
Generell gilt: Als Grenzwert für die Behandlung von Hypertonie in der Schwangerschaft werden 140/90 mmHg angenommen.
Finger weg von ACE-Hemmern, Sartanen und Diuretika?
Doch fest steht: Bewährte Antihypertensiva wie Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE)-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (Sartane) sollten in der Schwangerschaft besser nicht zum Einsatz kommen. Der Grund: Sie gelten als fetotoxisch. Vor allem ab dem zweiten Trimenon sind entsprechende Arzneimittel kontraindiziert, um das Risiko einer Fetopathie zu verhindern, wie Embryotox-Expert:innen beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin betonten.
Je nach Dauer und Dosis der Behandlung zeigen sich bei bis zu jedem dritten Fötus gesundheitliche Folgen – unter Sartanen häufiger als unter ACE-Hemmern. Dies äußert sich unter anderem in einem Mangel an Fruchtwasser, Nierenfunktionsstörungen, Lungen- und Hirnfehlbildungen bis hin zu Totgeburten. Auch auf Diuretika sollte besser verzichtet werden, denn diese können die uteroplazentare Perfusion durch zusätzliche Plasmavolumenreduktion beeinträchtigen, heißt es bei Embryotox weiter.
Mittel der Wahl bei Hypertonie in der Schwangerschaft
Zu den Mitteln der Wahl gehören stattdessen:
- Alpha-Methyldopa: Während der Wirkstoff zur Blutdruckbehandlung insgesamt nur noch selten zum Einsatz kommt, gehört er bei Hypertonie in der Schwangerschaft zu den Mitteln der ersten Wahl. Der Grund: Er weist für Mutter und Kind eine gute Verträglichkeit auf, ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko wurde bisher nicht nachgewiesen.
- Metoprolol: Der Betablocker gehört zu den Mitteln der Wahl und zeigt im ersten Trimenon keine Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko, kann jedoch am dem zweiten Trimenon mit einem erhöhten Risiko für fetale Wachstumsrestriktion sowie eine neonatale Beta-Rezeptorenblockade verbunden sein. Nach einer langfristigen Anwendung sollten daher regelmäßige Wachstumskontrollen beim Fötus erfolgen und Bradykardie, Hypoglykämie sowie Atemstörungen ausgeschlossen werden.
- Nifedipin: Arzneimittel mit dem Calciumantagonisten können ab dem ersten Trimenon zum Einsatz kommen, gelten jedoch für die Expert:innen nur als Mittel der zweiten Wahl. In Studien zeigte sich keine erhöhte Prävalenz von Fehlbildungen beim Ungeborenen. Eine gemeinsame Verabreichung mit Magnesiumsulfat intravenös ist kontraindiziert.
- Urapidil: Der Alpha-1-Adrenozeptor-Antagonist ist plazentagängig, Hinweise auf ein teratogenes Risiko sind bisher nicht bestätigt. Die Anwendung kann bei schwerer Schwangerschaftshypertonie und Präeklampsie erfolgen, im zweiten und dritten Trimenon zeigte sich für Mutter und Fötus insgesamt eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit.
- Dihydralazin: Der Wirkstoff ist plazentagängig und kann vor allem mit mütterlichen Nebenwirkungen wie Hypotonie, vorzeitiger Plazentalösung, Kopfschmerzen und Reflextachykardie verbunden sein. Anwendung findet Dihydralazin vor allem zur Akutbehandlung von schwerer Hypertonie, bei chronischer Hypertonie ist er kontraindiziert, weshalb alpha-Methyldopa, Metoprolol, Nifedipin und Urapidil zu bevorzugen sind.
- Magnesiumsulfat: Der Wirkstoff kommt vor allem bei Eklampsie und schweren Formen von Präeklampsie, insbesondere mit zentralnervösen Symptomen, zum Einsatz und wird intravenös verabreicht.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Suizidgedanken: EMA prüft Finasterid
Der Wirkstoff Finasterid findet bei Männern in verschiedenen Indikationen und Darreichungsformen Anwendung. Ob unter der Behandlung mit Finasterid Suizidgedanken und/oder …
2.000 IE Vitamin D täglich sind sicher
Wie viel Vitamin D ist genug, wie viel zu viel? Darüber herrscht noch immer keine Einigkeit. Die Dosierempfehlungen von Nahrungsergänzungsmitteln …
Masern: Nach dem Schnupfen kommt der Ausschlag
Mehr als 550 Fälle von Masern wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) in diesem Jahr bereits gemeldet, heißt es im Epidemiologischen Bulletin …