Geimpft, genesen, gewartet: Impflücke wegen verkürztem Genesenenstatus?
Die Gültigkeit des Genesenenstatus wurde von sechs Monaten auf 90 Tage verkürzt – Ausnahmen bestätigen die Regel, beispielsweise im Bundestag und in Berlin (Stand: 26. Januar 2022). Es ist aber nicht die einzige Frage, welche Frist wo gilt, sondern auch, ob es möglicherweise eine Impflücke gibt, weil laut Robert-Koch-Institut (RKI) mit einem Abstand von mindestens drei Monaten nach der Erkrankung geimpft werden soll.
Wer die erste Impfung der Grundimmunisierung erhalten hat und dann nachweislich (PCR-Test: mindestens 28 Tage, maximal 90 Tage) an Corona erkrankt ist, gilt als genesen. Den Genesenenstatus erhält auch, wer noch nicht geimpft wurde und eine durchgemachte Coronainfektion mittels Nukleinsäurenachweis belegen kann. Diejenigen benötigen nur eine einzelne Impfstoffdosis im Anschluss an die Genesung, um die Grundimmunisierung zu erhalten und als vollständig geimpft zu gelten. Eine zweiwöchige Wartefrist sei in diesem Falle nicht erforderlich, wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage mitteilt.
Die gute Nachricht: Es gibt keine Impflücke, denn die vierzehntägige Frist bis zum Erreichen des Status vollständig geimpft, wie es im Rahmen der Grundimmunisierung der Fall ist, gibt es für Genesene nicht, wenn der Test zu einer Zeit erfolgt ist, zu der die betroffene Person noch keine Coronaimpfung hat. Dazu teilt ein Sprecher aus dem BMG mit: „Eine Person gilt in diesem Fall abweichend zu den allgemeinen Regelungen als ‚vollständig geimpft‘ ab dem Tag der verabreichten Impfstoffdosis. Eine sog. ‚Impflücke‘ besteht daher nicht.“ Außerdem gibt es laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Ausnahme von der 14-Tage-Frist bis zum vollständigen Impfstatus, nämlich dann, wenn die betroffene Person nach Erhalt einer einzelnen Impfstoffdosis eine Coronainfektion durchgemacht hat und diese mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) belegen kann. „Eine Person gilt in diesem Fall abweichend zu den allgemeinen Regelungen als ‚vollständig geimpft‘ ab dem 29. Tag nach Abnahme des positiven Tests.“
Außerdem könne gemäß der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) bereits ab vier Wochen nach dem Ende der Coronasymptome geimpft werden, wenn beispielsweise eine Exposition gegenüber neu aufgetretenen Virusvarianten anzunehmen ist, gegen die eine durchgemachte Infektion allein keinen längerfristigen Schutz bietet. Dies kann bei den sogenannten Immune Escape-Varianten, zu denen die aktuell zirkulierende Omikron-Variante zählt, der Fall sein. Diese Möglichkeit schließt eine eventuelle Impflücke aus.
„Fun fact“: Laut RKI können Genesene bereits ab vier Wochen nach der Labordiagnose geimpft werden, wenn die Infektion durch den serologischen Nachweis spezifischer Antikörper in einer Blutprobe bestätigt wurde. Wie ist das zu erklären? Das BMG liefert die Antwort: „Hinsichtlich der Möglichkeit eine Impfung bereits nach vier Wochen durchzuführen, wenn spezifische Antikörper bestätigt werden, ist auszuführen, dass bei einer serologisch bestätigten Infektion (Antikörpernachweis) keine sichere Aussage über den Infektionszeitpunkt getroffen werden kann.“ Zwar könne so ein Zustand nach einer Coronainfektion nachgewiesen werden, aber eine akute Erkrankung lasse sich nicht nachweisen, ebenso könnten keine genaueren Aussagen über den Zeitpunkt der Infektion getroffen werden, da Antikörper erst zeitverzögert nachgewiesen werden können. Außerdem sei bisher nicht bekannt, wie hoch die Antikörperkonzentration im Blut sein muss, um nach einer Coronainfektion von einem sicheren Schutz ausgehen zu können. „Ein Antikörpernachweis trifft daher keine belastbare Aussage über eine eventuelle Immunität gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Daher soll die notwendige einzelne Impfstoffdosis bereits ab vier Wochen nach der Labordiagnose gegeben werden.“ Weiter heißt es: „Die bisher vorliegenden Studienergebnisse geben insgesamt keine Hinweise darauf, dass die Impfung nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion problematisch bzw. mit Gefahren verbunden wäre.“ Demnach ist auch hier keine Impflücke zu befürchten.
Wer haftet? „Personen, die im Rahmen der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) geimpft werden, haben im Falle des Eintretens eines Impfschadens einen Anspruch auf Versorgung nach § 60 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“, heißt es aus dem Ministerium. Außerdem regelt die Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung vom 16. Dezember 2021, dass Schutzimpfungen auch zulassungsüberschreitend verabreicht werden können, wenn dies nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vertretbar ist. Trifft dies zu, sprich wurde im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung oder zulassungsüberschreitend geimpft, weil dies nach ärztlicher Einschätzung für den Impfling und nach dem Stand der Wissenschaft medizinisch vertretbar war, besteht im Schadensfall Anspruch auf Versorgung.
Ein Haftungsausschluss besteht allerdings nicht für Anwendungen, für die noch keine wissenschaftlichen Empfehlungen von der Stiko, dem Paul-Ehrlich-Institut, der Europäischen Arzneimittel-Agentur oder zulassungsbegründende Studien vorliegen. Ein Beispiel ist die zulassungsüberschreitende Anwendung eines Impfstoffs bei Kindern, für deren Altersgruppe noch keine Empfehlungen oder zulassungsbegründenden Studien vorliegen.
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