Rund acht Millionen Asthmatiker*innen leben in Deutschland. Heilbar ist die Erkrankung zwar nicht, aber in der Regel gut behandelbar. Im Rahmen der medikamentösen Therapie kommen unter anderem Arzneimittel zum Inhalieren zum Einsatz. Die Devices müssen einwandfrei funktionieren, um die Behandlung sicherzustellen. Für die Inhalatoren Foster, Inuvair und Trimbow meldet die AMK allerdings Probleme.
Inhalatoren sind in der Regel mit einem Zählwerk ausgestattet. Dieses gilt heute als Standard und hat eine wichtige Funktion – es zeigt dem Patienten an, wie viele Dosen noch im Device sind, sodass rechtzeitig für Nachschub gesorgt werden kann. Allerdings können die Dosiszählwerke auch zum Problem werden und zwar unerwartet auch bei Dosieraerosolen, die im Vergleich zu Pulverinhalatoren unkomplizierter sind.
Bei einem Dosieraerosol liegen die Wirkstoffe gelöst in einer Druckgaspatrone vor. Ein Ventilstift aus dem Druckbehälter grenzt an eine Kammer mit Düse und Austrittsöffnung. Das Zählwerk umgibt die Kammer wei eine Manschette. Wird die Patrone heruntergedrückt, gelangt die ethanolische Wirkstofflösung in die Kammer und wird durch das Treibgas Norfluran an der Austrittsöffnung vernebelt. Außerdem ändert sich der Zählerstand um die Zahl der ausgelösten Hübe.
Dosieraerosole: Probleme mit dem Zählwerk
Im Zeitraum von 2013 bis Ende 2019 wurden der AMK insgesamt 478 Verdachtsfälle über Risiken zu Foster, Inuvair und Trimbow, einschließlich ihrer Importe (11 Prozent), gemeldet. Mit 277 Meldungen bezogen sich mehr als die Hälfte aller Fälle auf einen gestörten Auslösemechanismus. 64 Berichte bezogen sich auf Nebenwirkungsverdachtsfälle, wobei diese in 18 Fällen (13 allein in 2019) im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Fehlfunktion des Dosieraerosols auftraten.
Die 18 Fälle im Detail:
Entsprechend der vorliegenden Meldungen inhalierten die im Durchschnitt 51 Jahre alten Patient*innen regelmäßig 320 µg Beclometason und 15,6 µg Formoterol pro Tag. In den betroffenen Fällen enthielten die Sprays im Mittel noch 53 Sprühstöße, als Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Funktionsproblemen beobachtet wurden; dreimal wurde der Zählerstand nicht berichtet. In diesem Zusammenhang berichteten die Patient*innen am häufigsten von Luft- beziehungswiese Atemnot oder einer Minderwirkung. Zur Linderung der Atemnot wurde in drei Fällen über eine Dosiserhöhung oder eine zusätzliche Medikation berichtet. In einem Fall wurde bei einem 47-jährigen Patienten, der bei Bedarf bis zu sechs Sprühstöße pro Tag inhalierte, ein Asthmaanfall infolge einer verlegten Düse berichtet – das Device sollte laut Zählerstand noch 29 Resthübe enthalten, war aber unerwartet leer. Dabei enthielt es schließlich doch Lösung, ohne diese aber freizusetzen. Außerdem wurde am häufigsten über weiße Ablagerungen an der Austrittsöffnung (12 Fälle), keine oder zu schwache Sprühstöße (11 Fälle), erfolglose Reinigungsversuche (4 Fälle) sowie ein stehendes Zählwerk (2 Fälle) berichtet.
Soweit dokumentiert, erfolgte in acht Fällen eine Reexposition mit dem fehlerhaften Dosieraerosol mit nachfolgender Verschlechterung der Symptomkontrolle und erneutem Verdacht auf eine Funktionsstörung. Wurde ein neues Spray verwendet, verbesserten sich die Symptome wie erwartet.
Die 18 Fallberichte umfassten insgesamt 17 verschiedene Chargen, zu denen 12 Reklamationsmuster für Untersuchungszwecke zur Verfügung standen. Die Eingangsprüfungen der AMK bestätigten vor allem weiße Ablagerungen an der Austrittsöffnung (8 Fälle) und am Ventilstift der Patrone (5 Fälle) sowie das Nichtauslösen der Dosieraerosole (2 Fälle). Auch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) bestätigte bei insgesamt fünf von sieben Mustern eine fehlende oder verminderte Aerosolabgabe. Waren die Düsen verschlossen, konnte in einigen Fällen das Aerosol beim Herunterdrücken der Patrone retrograd austreten, darum waren die Ventilstifte oder die Patronen mit weißen Ablagerungen überzogen und es konnten firmenseitig Wirkstoffspuren an der Außenseite der Patrone gefunden werden.
Foster und Inuvair enthalten die Kombi aus Beclometason plus Formoterol und werden zur regelmäßigen Behandlung von Asthma beziehungsweise zur symptomatischen Therapie von COPD eingesetzt. Die Dreierkombi Trimbow enthält zusätzlich das Anticholinergikum Glycopyrronium und wird bei COPD angewendet.
Zählwerk: Störung bei Foster am größten
Eine Analyse der Meldedaten der AMK aus den Jahren 2018 und 2019 zeige für Foster mit 200 µg Beclometasondipropionat eine fast dreifach höhere Assoziation für eine gestörte Aerosolfreisetzung im Vergleich zu den geringer dosierten Inhalatoren Inuvair und Trimbow.
„Die vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass die Löslichkeit des Beclometasondipropionat durch Verdunsten des Ethanols herabgesetzt wird und Wirkstoffkristalle an der engen Austrittsöffnung die Düse verschließen“, so die AMK. Die Kristalle können sich auch innen an der Düse bilden und kleine Agglomerate an der Innenwand der Kammer könnten sich beim Auslösen eines Sprühstoßes lösen und vor die Austrittsdüse legen.
Die berichteten Phänomene stehen zeitlich mit der Einführung des Zählwerks der jeweiligen Dosieraerosole im Zusammenhang. „Es lässt sich jedoch nicht verifizieren, ob die baulichen Veränderungen eine verstärkte Kristallisation (mit)bedingen oder erst aufgrund des ersichtlichen Zählerstandes eine Funktionsstörung auffällt“, so die AMK.
Reinigen hilft nicht immer
Wie die Inhalatoren zu reinigen sind, verrät die Gebrauchsinformation, doch in einigen Fällen half auch das nicht, die verschlossene Düse wieder freizulegen. Teilweise gelang es erst im Labor des ZL unter Einsatz von Ethanol beziehungsweise durch mehrmaliges (bis zu neun Mal) Niederdrücken der Patrone, die Kristalle zu lösen und die Düse wieder durchgängig zu machen.
Das sind die Empfehlungen der AMK
- bei verminderter oder fehlender Aerosolabgabe den Inhalator mehrfach hintereinander auslösen und zwar solange, bis wieder gleichmäßige Sprühstöße austreten
- Asthmatiker, die mit höheren Dosierungen oder der 200 µg-Beclometason-Stärke behandelt werden, sollten ab einem Zählerstand von etwa 50 Resthüben vor Beginn der Inhalation einen Sprühstoß in die Luft abgeben, um eine einwandfreie Aerosolbildung festzustellen
- Zähleranzeige kann bei verschlossener Düse aufgrund des erhöhten Gegendrucks beim Niederdrücken der Patrone unzuverlässig sein
- Asthmapatienten sollten bei Verwendung von Inuvair und Foster darauf hingewiesen werden, den separaten schnellwirkenden Bronchodilatator für eine Notfallanwendung jederzeit griffbereit zu haben
- Mundstück mit der Kunststoffkappe verschließen
- Achtung! Nach der ersten Anwendung ist die Verwendbarkeitsdauer auf drei Monate statt fünf Monate, verkürzt.
Bei Foster, Inuvair und Trimbow handele es sich laut Anfrage bei der AMK nicht um bedenkliche Arzneimittel. § 5 Arzneimittelgesetz sei nicht erfüllt.
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