Entgeltgleichheit Pflicht: Mediangehalt reicht nicht
Das Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist es, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“. Dazu gehören auch Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern – zumindest bei gleicher Arbeit. Stattdessen ist Entgeltgleichheit Pflicht, macht das Bundesarbeitsgericht (BAG) deutlich. Dabei ist auch das Mediangehalt unerheblich.
Dass Diskriminierungen am Arbeitsplatz generell tabu sind, ist bekannt. Dazu gehört auch, wenn diese aus Gründen des Geschlechtes erfolgt. Stichwort Gehaltsunterschiede. Dennoch verdienen Frauen oftmals noch deutlich weniger als Männer, genau um bis zu 4 Euro/Stunde weniger. Verrichten sie jedoch die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie ein männlicher Kollege, muss Entgeltgleichheit herrschen. Andernfalls handelt es sich um eine Benachteiligung, die es auszuräumen gilt. Das stellt das BAG in einem aktuellen Urteil einmal mehr klar. Davor bewahrt auch eine angebliche Orientierung am Mediangehalt für die jeweilige Tätigkeit nicht.
Keine Geschlechtsdiskriminierung: Chef muss Entgeltgleichheit herstellen
Vor dem BAG hatte eine Angestellte geklagt, die als Managerin tätig war, aber schlechter bezahlt wurde, obwohl sie gleiche/gleichwertige Aufgaben übernahm wie männliche Kollegen. Darin sah die Frau eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechtes, denn andere Gründe für den Gehaltsunterschied gab es ihrer Ansicht nach nicht. Hinzukam, dass alle zum Vergleich herangezogenen Kollegen ein Gehalt über dem Medianentgelt der in derselben Hierarchieebene angesiedelten männlichen Arbeitnehmer bekamen. Sie selbst wurde jedoch sogar unterhalb des üblichen Mediangehalts für weibliche Angestellte vergütet. Daher machte die Frau nicht nur eine künftige Entgeltgleichheit geltend, sondern verlangte von ihrem Arbeitgeber auch rückwirkend einen finanziellen Ausgleich für die Differenz – in Summe 420.000 Euro.
Dies hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg zum Großteil abgewiesen, weil es unter anderem die geschlechtsbedingte Benachteiligung nicht als erwiesen ansah. Daher sprachen die Richter:innen der Frau lediglich die Differenz zwischen dem Medianentgelt der weiblichen Vergleichsgruppe und dem Medianentgelt der männlichen Vergleichsgruppe zu, was nur 130.000 Euro entsprach.
Doch das BAG machte deutlich: „Für die – vom Arbeitgeber zu widerlegende – Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts genügt es, wenn die klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt.“ Weil dies im vorliegenden Fall gegeben war, kann der Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, für Entgeltgleichheit zu sorgen. Das Mediangehalt sei dabei unerheblich.
Über die genauen Umstände muss nun wiederum das LAG entscheiden. Doch fest steht: Eine finanzielle Benachteiligung wegen des Geschlechts ist, sofern sie tatsächlich vorlag beziehungsweise vorliegt, in jedem Fall tabu.
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