Bei der Einführung des elektronischen Rezepts ist die Testphase verlängert worden. Die seit Juli laufende, ursprünglich auf drei Monate angelegte Testanwendung in einigen Praxen, Klinken und Apotheken in Berlin und Brandenburg laufe nun bis Ende November, teilte die zentral zuständige Firma Gematik am Donnerstag in Berlin mit und bezog sich dabei auf einen Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung, in der neben dem Bund auch Vertreter:innen von Ärzt:innen, Apotheken und Krankenkassen sitzen. Die freiwillige bundesweite Einführung wiederum, die am 1. Oktober starten sollte, wird vorerst auf Eis gelegt: Ärzt:innen können die Digitalverschreibung also bundesweit noch nicht anbieten. Allerdings hätten dies ohnehin wohl nur wenige schon im Oktober getan, die Planänderung hat also nur wenig Folgen.
Fest steht weiterhin, dass im Januar 2022 die Einführungspflicht greift – dann sollen gesetzlich Versicherte QR-Codes bekommen statt rosa Zettelchen.
Grund für die Planänderung ist, dass viele Arztpraxen noch gar nicht die technische Möglichkeit haben, E-Rezepte auszustellen: Es mangelt an zertifizierten Updates für ihre Praxisverwaltungssysteme. In Deutschlands Arztpraxen gibt es eine Vielzahl an verschiedenen digitalen Verwaltungssystemen, insgesamt etwa 130. Zudem machen noch zu wenige Krankenkassen bei dem E-Rezept der Gematik mit, als dass eine flächendeckende Einführung aussichtsreich wäre. In den kommenden Monaten soll sich die Situation verbessern.
Bei der Testphase Berlin-Brandenburg sollten ursprünglich 50 Arztpraxen und Kliniken sowie 120 Apotheken die Anwendung des Digitalrezepts erproben – Fachleute der Projektbeteiligten waren vor Ort, um den reibungslosen Ablauf zu überprüfen und um mögliche Schwachstellen zu erkennen. Doch weil es an Software-Updates mangelte, gab es in der Testphase weniger Teilnehmer:innen als gedacht. Nun reichen die gewonnenen Erkenntnisse aus Sicht der Gematik noch nicht aus und die „Fokusregion Berlin-Brandenburg“ wird fortgesetzt.
Mit dem E-Rezept soll die Zettelwirtschaft bei Rezepten beendet werden – derzeit bekommen gesetzlich Versicherte jedes Jahr etwa 500 Millionen Verschreibungen. Ab nächstem Jahr sollen sie einen QR-Code erhalten, entweder im Smartphone oder – falls man die Gematik-App „E-Rezept“ noch nicht nutzt – ausgedruckt. Der Zugriff auf die Digitalverschreibung über die App kann praktisch sein, etwa wenn man eine Videosprechstunde wahrgenommen hat und der/die Ärzt:in danach kein Papierrezept per Post zuschicken muss. Ganz verschwinden werden die Papierrezepte aber nicht, zum Beispiel bei Hausbesuchen soll es sie weiterhin geben. Für privat Versicherte gilt das Digitalrezept nicht.
Gematik-Chef Markus Leyck Dieken betonte gegenüber der dpa die Vorteile. „17 andere EU-Staaten haben das E-Rezept schon eingeführt, die Bevölkerung dort hat das gut angenommen.“ Leyck Dieken machte deutlich, dass das E-Rezept Anfang 2022 nicht wie auf Knopfdruck überall zu haben sein werde, sondern „nach und nach flächendeckend zur Verfügung stehen“ werde. „Je nach technischer Ausstattung werden Praxen und Apotheken mit der Zeit in der Lage sein, E-Rezepte auszustellen beziehungsweise einzulösen.“
Das Vorhaben ist nicht unumstritten. So forderten Ärztevertreter:innen unlängst eine Verschiebung. Viele Vor-Ort-Apotheker:innen befürchten zudem, dass sie Geschäft an den Online-Versand verlieren könnten. Die großen Online-Konkurrenten DocMorris und Shop Apotheke wittern hingegen Morgenluft, wenn sie künftig die Rezepte digital übermittelt bekommen und das Arzneimittel dadurch schneller bei dem/der Kund:in ist als bisher – derzeit bekommen die Online-Händler die Verschreibung noch per Brief. Allerdings haben viele stationäre Apotheken inzwischen auch ein Online-Standbein – sie könnten vom E-Rezept sogar profitieren.
Separat zum E-Rezept startet am 1. Oktober die digitale Übermittlung von Krankschreibungen, den elektronischen
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU). Arztpraxen schicken diese Bescheinigungen an die Krankenkassen – der/die Arbeitnehmer:in muss das also nicht mehr selbst tun. In einer Übergangszeit von drei Monaten können die Praxen trotzdem noch auf Ausdrucke setzen, ab Januar ist die digitale Krankschreibung aber Pflicht – dann müssen sie die dafür notwendigen technischen Standards erfüllen und an das KIM-System angeschlossen sein. Das Kürzel KIM steht für Kommunikation im Medizinwesen. Einen Zettel bekommt der/die Patient:in trotzdem noch in die Hand, und zwar die Krankschreibung für seine/n Arbeitgeber:in. Erst ab Juli 2022 sollen die Arbeitgeber:innen hierbei einbezogen werden, damit die eAU direkt auch an sie übermittelt werden können.
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