Obacht bei Dextromethorphan (DXM): Die AMK warnt Apotheker. Der Missbrauch des Hustenstillers scheint ungebrochen. In den letzten sechs Jahren hatte DXM bei den AMK-Meldungen zum Verdacht auf Missbrauch die Nase vorn. Die Klientel ist vor allem männlich, jünger als 18 Jahre und stammt überwiegend aus dem süddeutschen Raum.
Wirkstoffcheck
DXM wird zur symptomatischen Behandlung von Reizhusten eingesetzt. Das zentral wirksame Antitussivum greift im Hustenzentrum des Stammhirns an. Die Wirkung setzt bereits nach 15 Minuten ein. Der Arzneistoff hemmt N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)- und stimuliert Sigma-1- und 5-HT-Rezeptoren. DXM wird rasch resorbiert und unterliegt einem schnellen, umfangreichen, hepatischen Stoffwechsel über CYP2D6. „Durch die Hemmung von NMDA-Rezeptoren wird derzeit das Abhängigkeitspotenzial von DXM begründet“, schreibt die AMK.
Überdosierungen können das Risiko für Übelkeit und Erbrechen, Unruhe, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, Herzrasen, QTc-Verlängerung, Psychosen mit visuellen Halluzinationen und Übererregbarkeit erhöhen. Eine massive Überdosierung kann zu Krämpfen, Atemdepression, und Koma führen. Welche unerwünschten Arzneimittelwirkungen auftreten, ist nur schwer vorhersehbar. Der Grund ist der CYP2D6-Polymorphismus. Etwa 10 Prozent der Menschen sind langsame CYP2D6-Metabolisierer. Bei der Personengruppe können schon geringe Dosen zu Hospitalisierungen führen.
Kapseln sind beliebtes Rauschmittel
Im Handel sind Säfte oder feste orale Darreichungsformen mit DXM. In einer Dosis von 100 mg können Halluzinationen und Euphorie ausgelöst werden. Zurückzuführen ist der Effekt auf die psychotrope Wirkung: DXM hemmt die Serotoninwiederaufnahme. Nahezu alle Meldungen zum Missbrauchsverdacht beziehen sich auf Kapseln als Monopräparate. Kein Wunder, denn im Internet finden sich dubiose Anleitungen für einen DXM-Rausch. Zu finden ist auch der Bau einer „DXM-Bombe“, die den Inhalt von bis zu 14 Kapseln enthalten kann.
„Werden Beratungsangebote abgelehnt, kann die Abgabe in letzter Konsequenz verweigert werden.“
AMK
Kombi mit Diphenhydramin möglich
Etwa 20 Prozent der Missbrauchsverdachtsfälle weisen auf eine Kombination mit Diphenhydramin-haltigen OTC-Arzneimitteln hin. Ob der Arzneistoff gezielt eingesetzt wird, um beispielsweise (additive) zentralnervöse Effekte zu erreichen, den DXM-Abbau zu verlangsamen oder potenzielle Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen zu mindern, ist laut AMK derzeit noch unklar.
Männlich, jünger als 18 Jahre
Die Klientel ist laut AMK vor allem männlich – etwa ein Drittel ist jünger als 18 Jahre – und verlangt in auffälliger Weise nach DXM. In diesen Fällen sollte man stutzig werden:
- Reizhusten scheint nicht gegeben
- wiederholter Bedarf in immer kürzeren Zeitabständen
- Kauf mehrerer Packungen wird auf eine Gruppe verteilt
- Kauf im Notdienst
- Besorgungen für Freunde werden vorgegeben
- Alternativpräparate oder Beratungsangebote werden abgelehnt oder gleichzeitig mehrere Packungen gefordert
- auch Diphenhydramin wird verlangt
- der Betroffene wirkt zum Teil apathisch, verlangsamt, verwirrt oder zittrig – Einzelfälle
Achtung, Serotonin-Syndrom
Einige Nebenwirkungen können über den Serotonin-Agonismus von DXM erklärt werden. Vor allem höhere Dosen oder die Kombination mit serotonergen Wirkstoffen sowie CYP2D6-Inhibitoren kann das Risiko für das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom begründen.
Abgabe kritisch hinterfragen
Apotheken sollen dem potenziellen DXM-Missbrauch entgegenwirken. „Die AMK bittet das pharmazeutische Personal daher weiterhin um besondere Aufmerksamkeit bei der Abgabe von DXM-haltigen Arzneimitteln, insbesondere bei Kapsel-Monopräparaten, und erneuert die Empfehlung, DXM möglichst nicht an Jugendliche abzugeben.“ Die Anwendung bei Erwachsenen sollte kritisch hinterfragt werden.
Abgabe verweigern
Pharmazeutisches Personal soll laut AMK konkrete Informationen über die Anwendung und Absichten im vertraulichen und verständnisvollen Gespräch erfragen und eindringlich über die potenziellen Risiken beraten. Von der gleichzeitigen Abgabe anderer nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit (additiven) zentralnervöse Effekten oder einer möglichen Interaktion mit DXM ist abzusehen.
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