„Dafür habe ich noch nie gezahlt“: Mahnverfahren statt Zuzahlung
Wer kennt sie nicht, die Diskussionen um die Zuzahlung? „Dafür habe ich noch nie etwas bezahlt“ oder „Ich zahle doch wohl schon genügend Krankenkassenbeiträge“ sind oftmals an der Tagesordnung. Wollen Kund:innen die gesetzliche Zuzahlung nicht leisten, bleibt den Apotheken nur das Mahnverfahren.
Wie man es auch dreht und wendet – wer von der gesetzlichen Zuzahlung nicht befreit ist, muss die in § 61 Sozialgesetzbuch (SGB) V geregelten Zuzahlungen leisten. „Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, betragen 10 vom Hundert des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels.“
Für die Apotheke besteht als Leistungserbringer in puncto Zuzahlung eine Inkassoverpflichtung, das bedeutet, dass die Apotheke den Selbstbehalt für die Krankenkasse einziehen muss. Geregelt ist dies in § 43 SGB V: „Leistungserbringer haben Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einzuziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu verrechnen.“
Mahnverfahren bei Zuzahlungsverweigerung
Will der/die Kund:in nicht zahlen, liefert § 43 SGB V den Apotheken die Möglichkeit des Mahnverfahrens. Kommt der/die Versicherte der Zahlung trotzdem nicht nach, ist die Kasse selbst in der Pflicht, die Summe einzuziehen: „Zahlt der Versicherte trotz einer gesonderten schriftlichen Aufforderung durch den Leistungserbringer nicht, hat die Krankenkasse die Zahlung einzuziehen.“
Wird ein Mahnverfahren eröffnet, sollte ein Blick in die Arzneimittellieferverträge geworfen werden, denn es gelten verschiedene Vorgaben zum Vorgehen. Hier einige Beispiele:
Saarländische Primärkassen: Die Apotheke muss ein Mahnschreiben erstellen, das den/die Kund:in auffordert, die Zuzahlung innerhalb von mindestens acht Tagen zu begleichen. Den Erhalt des Mahnschreibens sollte sich die Apotheke quittieren lassen. Was passiert mit dem Rezept? Das Rezept sollte so lange nicht bedruckt werden, bis die Zahlungsfrist abgelaufen ist. „Erfolgt bis zum Ablauf der gesetzten Frist keine Zahlung, wird die Verordnung mit der nächsten Abrechnung abgerechnet“, schreibt der Apothekerverein Saar. Ist die Frist verstrichen, darf das Rezept bedruckt werden. In die Spalte „Zuzahlung“ kommt manuell eine „0“. Das Rezept bleibt als „gebührenpflichtig“ gekennzeichnet. Außerdem sollte der Vermerk „Mahnverfahren durchgeführt“ auf der Verordnung dokumentiert werden. Jetzt ist die Kasse in der Pflicht, das Geld einzutreiben.
Tipp: Rezeptkopie, Duplikat des Mahnschreibens und die Empfangsbestätigung zu Beweiszwecken dokumentieren. Kopien der Mahnschreiben und Empfangsbestätigungen sollten einmal im Monat an die betroffenen Kassen übermittelt werden.
Achtung: Das Mahnverfahren ist nur für Arzneimittel möglich und nicht für Hilfsmittel.
Andere Bundesländer, andere Vorgaben. Zwar ist das Prozedere in Sachsen und Hessen gleich, allerdings gelten unterschiedliche Fristen. In Sachsen haben Versicherte Zeit, den Betrag innerhalb von zehn Tagen nach Erhalt des Mahnverfahrens zu begleichen. Erst nach einem Zeitraum von 14 Kalendertagen nach der Zahlungsaufforderung darf das Rezept in die Abrechnung. In Hessen darf das Mahnverfahren auch zum Einsatz kommen, wenn der/die Versicherte die Zuzahlung nicht in voller Höhe leistet. Erhält der/die Kund:in von der Apotheke eine schriftliche Zahlungsaufforderung, hat er/sie acht Tage Zeit, dem nachzukommen. Fließt auch nach 14 Kalendertagen kein Geld, darf die Apotheke das Rezept abrechnen.
Ob Mahnverfahren oder kassierte Zuzahlung: „Der Zahlungsanspruch des Apothekers gegenüber der Krankenkasse bleibt hiervon unberührt.“
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