Heute wird gestreikt. In vier Bundesländern – Brandenburg, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein – senden die Apotheken ab 12 Uhr ein Signal nach Berlin. Denn am Donnerstag soll das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz in der zweiten und dritten Lesung durch den Bundestag. Die Abda hat ein Argumentationspapier zum Apotheken-Streik veröffentlicht.
120 Millionen Euro sollen in den nächsten zwei Jahren bei den Apotheken eingespart werden. Wie? Durch die Erhöhung des Kassenabschlags auf 2 Euro. „Wer bei den Apotheken spart, spart definitiv am falschen Ende und gefährdet die Arzneimittelversorgung!“, sagt Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Apothekerkammer Berlin. Zwar kann in Berlin nicht gestreikt werden, aber dennoch will man durch kreativen Protest ein Signal senden. Im Saarland, Schleswig-Holstein, Hamburg und Brandenburg werden die Apotheken ab Mittag geschlossen bleiben. „Die Apotheken leiden unter der aktuellen Krise genauso wie viele andere. In dieser Situation soll nun noch das Honorar gekürzt werden. Damit läuft das Fass über. Deshalb streiken die Kolleginnen und Kollegen in vier Bundesländern, stellvertretend für den Berufsstand“, sagt Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Das sind die Argumente.
Argumentationspapier zum Apotheken-Streik
- Die Apotheken leisten seit Jahren einen zusätzlichen Solidarbeitrag und das, obwohl seit 2013 der Fixzuschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel zuletzt zum 1. Januar 2023 von 8,10 Euro auf 8,35 Euro angehoben wurde. Seitdem ist nichts mehr passiert. Und auch der variable Vergütungsbestandteil beträgt seit 2004 unverändert 3,0 Prozent vom Apothekeneinkaufspreis.
- Hohe Energie- und Lohnkosten: Die stark gestiegenen Energiekosten verschärfen die Notlage der Apotheken dramatisch, so die Abda. Hinzu kommt, dass die Tariflohnvereinbarungen für das Jahr 2022 eine Anhebung der Löhne um etwa 7,7 Prozent vorsehen. Zum 1. Januar 2023 kommen weitere 3,0 Prozent hinzu. Und auch der angehobene Mindestlohn von 12 Euro werde seine Wirkung haben.
„Diese zusätzlichen Kosten können nicht an die Patientinnen und Patienten weitergegeben werden.“
Abda
- Die Erhöhung des GKV-Abschlags: Der Kassenabschlag soll um 0,23 Euro auf 2,00 Euro erhöht werden. Das belastet die Apotheken jährlich mit circa 120 Millionen Euro netto, während die GKV etwa 143 Millionen Euro (inklusive Umsatzsteuer) einsparen würde. Eine Durchschnittsapotheke, die jährlich rund 34.000 verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der GKV abgebe, verzeichne durch die Abschlagserhöhung einen Gewinnrückgang in Höhe von 6.500 Euro pro Jahr. „Kleine Apotheken mit etwa 20.000 Packungen verlieren 3.800 Euro, große Apotheken mit 60.000 Packungen 11.400 Euro pro Jahr.“
- Erhöhung des Herstellerrabatts von 7 auf 12 Prozent: Die Anpassung bedeute einen Risiko-Zuwachs für die Apotheken in Deutschland. Während die Arzneimittelhersteller den Kassen einen Rabatt gewähren müssen, müssen die Apotheken diesen Abschlag den Krankenkassen bei der Abrechnung gewähren. Den Betrag sollen sie vom Hersteller erstattet bekommen. „Der Herstellerrabatt für patentgeschützte Arzneimittel ist somit eine den Apotheken auferlegte Inkassoverpflichtung, die mit einem hohen Ausfallrisiko verbunden ist, wenn der Hersteller seine Produktion einstellt.“
- Apothekenvergütung hinkt der Entwicklung der GKV-Einnahmen seit langem hinterher: Zwischen 2004 und 2022 haben sich die GKV-Einnahmen fast verdoppelt. Demgegenüber steht ein Plus von lediglich 21,4 Prozent bei der packungsbezogenen Apothekenvergütung.
- Die rund 18.000 Apotheken sind keine Kostentreiber im System: Zwischen 2005 und 2021 ist der Anteil der Apotheken an den GKV-Gesamtausgaben von 2,8 Prozent auf nur noch 1,9 Prozent gefallen und beträgt somit weniger als die Hälfte der GKV-Verwaltungsausgaben (4,1 Prozent).
- Apothekendichte sinkt: Mit 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner:innen liegt die Apothekendichte hierzulande deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 32.
- Die ambulante Versorgung insgesamt stärken: Apotheker:innen müssen den Hausärzt:innen und gleichgestellt werden, fordert die Abda. „Apotheken leisten wie die Arztpraxen auch neben der Gesundheitsversorgung wichtige soziale Aufgaben vor Ort.“ Die geplanten „Gesundheitskioske“, seien der falsche Weg.
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