Amlodipin als neues ADHS-Medikament?
Zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die sich unter anderem durch Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität äußert, kommen verschiedene Arzneimittel zum Einsatz, darunter Methylphenidat. Nun bringen Forschende den Blutdrucksenker Amlodipin zur Therapie von ADHS ins Spiel.
Schätzungsweise 2 bis 6 Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden hierzulande unter ADHS. Doch auch Erwachsene sind zunehmend betroffen. Kein Wunder, dass wirksame Behandlungsoptionen gefragt sind. Das bisherige Spektrum könnte dabei durch einen Wirkstoff erweitert werden, der bisher in einer anderen Indikation Anwendung findet. Die Rede ist vom Blutdrucksenker Amlodipin, der auch bei ADHS positive Ergebnisse zeigen soll – zumindest im Tiermodell.
Amlodipin gehört zu den Calciumkanalblockern, genau zu den Dihydropyridinen. Der Wirkstoff besitzt blutdrucksenkende, gefäßerweiternde und antianginöse Eigenschaften und kommt zur Behandlung einer Hypertonie zum Einsatz. Die Wirkung geht auf eine Blockade des Calciumkanals an den Herzmuskelzellen und der glatten Muskulatur zurück, wodurch der Calciumeinstrom in die Zellen verhindert und der Blutdruck gesenkt wird.
Weniger Hyperaktivität: Amlodipin wirksam gegen ADHS-Symptome
Untersucht wurde, welche Auswirkungen die Gabe von Amlodipin bei ADHS auf die entsprechenden Symptome wie Hyperaktivität und Co. hat. Dafür wurden in einer Tierstudie von Forschenden der University of Surrey (Vereinigtes Königreich) Ratten und Zebrafische entsprechend behandelt. Während sich bei ersteren zeigte, dass die Anzeichen von Hyperaktivität deutlich geringer ausfielen, war bei letzteren zusätzlich die Impulsivität als weiteres ADHS-Symptom vermindert. Zudem konnte anhand der Studie festgestellt werden, dass Amlodipin die Blut-Hirn-Schranke passieren und so direkt auf das Gehirn wirken kann.
Ob sich die Ergebnisse zu Amlodipin auch auf Menschen mit ADHS übertragen lassen, muss nun weiter untersucht werden. Doch da der Wirkstoff laut den Forschenden genau die Calciumkanäle blockiert, die auch bei ADHS eine Rolle spielen, und somit einen möglichen Zielpfad im Gehirn für die Behandlungen darstellt, sei von einer positiven Wirkung auszugehen. Anhand von Patientendaten zeigte sich zudem, dass Personen unter einer Behandlung mit dem Wirkstoff generell seltener Stimmungsschwankungen und ein erhöhtes Risikoverhalten aufwiesen, „was das Potenzial von Amlodipin als neue ADHS-Behandlung weiter untermauerte“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Anstatt neue Behandlungsoptionen für ADHS zu entwickeln, könnte somit auf einen bereits bewährten Wirkstoff gesetzt werden, so die Forschenden. „Aktuelle ADHS-Medikamente sind wirksam, haben aber erhebliche Nebenwirkungen: Appetitlosigkeit, Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Schlafstörungen und bergen ein Missbrauchsrisiko. Amlodipin, das bereits weit verbreitet und gut verträglich ist, könnte eine neue, sicherere Behandlungsoption für ADHS bieten“, lautet das Fazit.
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