Die Ärzt:innen brauchen noch Zeit. Um Probleme und Chaos in den Praxen zu vermeiden, soll der Start des E-Rezeptes zwar nicht verschoben werden, aber mithilfe einer Richtlinie die Möglichkeit bestehen, Papier-Rezepte noch bis zum 30. Juni 2022 auszustellen.
Geplant ist, dass ab Januar 2022 das E-Rezept für alle Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für gesetzlich Versicherte verpflichtend ist. Im Juli startete die Testphase des E-Rezeptes in der Fokusregion. Im Dezember soll laut gematik die bundesweite Testphase starten, bis schließlich zum Jahreswechsel die Nutzung für alle verpflichtend wird. Die Apotheken sind gut aufgestellt. Die Ärzt:innen hinken scheinbar noch hinterher.
„Die ersten Erfahrungen aus Tests zeigten, dass es nicht zum Jahresanfang funktionieren werde“, so KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel in den Praxisnachrichten. Es muss also eine Übergangslösung her. Und die kommt in Form einer Richtlinie. Weil es in den Praxen sonst „in vielen Fällen zu Problemen führen [würde], manchmal sogar zu Chaos, weil nicht alle der vielen technischen Komponenten und organisatorischen Anpassungen ausreichend getestet“ seien.
„Die Starttermine sind gesetzlich vorgeschrieben und können von der KBV nicht verschoben werden“, sagte ein Sprecher der KBV gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) auf Anfrage. Die KBV habe allerdings eine Richtlinie festgesetzt, wonach einzelne Arztpraxen bis Ende Juni 2022 auch noch mit Papierbelegen arbeiten dürfen, wenn technische Schwierigkeiten bei der Digitalisierung im Wege stünden. „Das ist auch aus Sicht der Ärzte und Patienten ein sinnvolles Verfahren“, sagte der KBV-Sprecher. Das behindere aber nicht den Start der beiden Verfahren in vielen Arztpraxen.
So bliebe ausreichend Zeit zum Testen und zur Einrichtung der neuen digitalen Arbeitsprozesse. Dazu benötigen die Praxen Minimum sechs Monate. „Noch besser wäre natürlich ein ganzes Jahr“, so Kriedel und räumt ein, dies sei „mit ausreichenden Tests, mit entsprechender Anstrengung aller Beteiligten bis zum 1. Juli hinzubekommen“.
„Wir wollen nur diese unausgereiften Produkte nicht zum 1. Januar einführen, sondern später, wenn sie funktionieren.“ Die Testphase habe gezeigt, dass es noch Fehler gebe, zwar seien es im Vergleich zum Start weniger, aber es müsse berücksichtigt werden, dass es sich um Massenanwendungen handele. Laut Kriedel gebe es mehr als 100 Anbieter von Praxisverwaltungssystemen, über 100 Krankenkassen, Konnektoren mehrerer Hersteller und zahlreiche KIM-Anbieter und: „die alle müssen zusammenwirken können“. Zwar könnten vielleicht die einzelnen Produkte bis zum Jahresende für sich genommen funktionieren, aber das Zusammenwirken, dass das elektronische Rezept fehlerfrei und ohne Probleme durch alle Stufen elektronisch durchgehen könne, das sei noch nicht getestet. „Und das ist das große Problem, was uns Sorge macht. Das wird zum 1. Januar nach unserer Auffassung nicht laufen können,“ mahnt Kriedel.
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