Mit Placebos gegen schlechtes Gewissen?
Über den Placebo-Effekt wird schon lange diskutiert, auch wenn seine genaue Wirkung bis heute nicht eindeutig geklärt ist. Doch fest steht: Es gibt ihn. Und jetzt wird es kurios. So lässt sich mit Placebos ein schlechtes Gewissen eindämmen, wie Forschende herausgefunden haben.
Ob Flunkereien gegenüber dem/der Chef:in, ein zickiger Kommentar zu Kolleg:innen oder der vergessene Geburtstag eines/einer Freund:in: Schuldgefühle entwickeln sich aus verschiedenen Gründen und gelten als wichtiger emotionaler Kontrollmechanismus. Denn durch sie wird ein unangebrachtes Verhalten deutlich. Kein Wunder, dass Schuldgefühle für Unbehagen sorgen und der Wunsch, sie loszuwerden, schnell größer wird. Ob sich ein schlechtes Gewissen durch die Einnahme von Placebos vertreiben lässt, haben Wissenschaftler:innen der Fakultät für Psychologie der Universität Basel untersucht.
Teilnehmende mussten Schuldgefühle entwickeln
„Es hat sich gezeigt, dass Placebos bei einer Vielzahl von Erkrankungen klinisch signifikante Auswirkungen auf subjektive und objektive Ergebnisse haben“, heißt es in der Studie, die im Fachmagazin Scientific Reports erschienen ist. Daher wollten die Forschenden herausfinden, welchen Effekt Placebos auf ein schlechtes Gewissen haben.
Zu Beginn der Untersuchung mussten die Teilnehmenden eine Situation notieren, in der sie einem anderen Menschen Unrecht getan, ihn/sie verletzt und/oder grundlegende Verhaltensregeln missachtet haben. Dadurch sollten Schuldgefühle erzeugt werden, die die Teilnehmer:innen nach wie vor belasten. Anschließend wurden die Proband:innen in drei Gruppen unterteilt. Während ein Teil als Kontrollgruppe fungierte, erhielten die anderen beiden die Information, dass sie mit einem Mittel gegen Schuldgefühle behandelt werden würden. Beide Gruppen bekamen dabei ein Placebo – die eine unbewusst, die andere bewusst.
Placebos können schlechtes Gewissen reduzieren
Dabei zeigte sich: Placebos können ein schlechtes Gewissen deutlich reduzieren. Mehr noch. Sogar wenn Patient:innen wussten, dass sie lediglich ein Placebo anstelle eines Medikamentes bekommen, verringerten sich ihre Schuldgefühle. „Unsere Studie stützt damit die faszinierende Erkenntnis, dass Placebos selbst dann wirken, wenn sie offen verabreicht werden, und dass die Behandlungserklärung zentral für deren Wirksamkeit ist“, erklärt Studienleiterin Dilan Sezer.
Die gewonnenen Erkenntnisse seien ein erster Schritt zu einer symptomspezifischen und ethisch vertretbaren Behandlungen von psychischen Beschwerden und sollten daher zum Wohle von Patient:innen genutzt werden. Denn: „Der Einsatz von offenen Placebos wäre eine kostengünstige und einfach anwendbare Behandlungsoption für viele psychische und körperliche Beschwerden.“ Ob der beobachtete Effekt sich auch bei anderen Gefühlen zeigt, müsse aber noch weiter untersucht werden.
Mehr aus dieser Kategorie
Luforbec: Hustenreiz unter Foster-Generikum
Die AMK informiert über Fälle von Hustenreiz, die im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung des Foster-Generikums Luforbec 100 Mikrogramm/6 …
Gabapentin: Risiko für Selbstverletzung?
Die Zahl der Gabapentinoid-Verschreibungen ist auch hierzulande in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Doch die Wirkstoffe sind mit Risiken verbunden …
Besser Kalium-Salz bei Schlaganfall?
Schätzungsweise mehr als 500 Menschen täglich erleiden hierzulande einen Schlaganfall. Dieser gehört zugleich zu den häufigsten Todesursachen und kann immer …