Ethanol vorerst kein CMR
Ob Ethanol künftig als CMR – kanzerogen, mutagen und reproduktionstoxisch – eingestuft wird, bleibt vorerst offen. Denn die Expert:innen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) konnten bisher keine Einigung erzielen. Damit kann Ethanol weiter unverändert für Desinfektionsmittel und Co. eingesetzt werden.
Ende November sollte das Biozidprodukte-Komitee (BPC) der ECHA das Biozidverfahren zu Ethanol abgeschlossen haben und eine entsprechende Stellungnahme bezüglich der Einstufung von Ethanol in Biozidprodukten wie Desinfektionsmitteln als CMR – krebserregend (carcinogenic), erbgutverändernd (mutagen) und/oder fortpflanzungsgefährdend (reprotoxic) – der Kategorie 1A vorliegen. Doch die Entscheidung wurde vertagt und soll nun erst im kommenden Jahr fallen.
„Das BPC erörterte die Zulassung von Ethanol zur Verwendung in Hand- und allgemeinen Desinfektionsmitteln, konnte jedoch keine Stellungnahme zu den potenziellen Gefahren und Alternativen abgeben“, heißt es von der ECHA. Der Grund: Die Expert:innen konnten keine Einigung erzielen.
Ab Februar 2026 will das Komitee seine Arbeit wieder aufnehmen, mit einer endgültigen Stellungnahme wird jedoch laut der ECHA nicht vor Mai 2026 gerechnet. Erst im Anschluss daran trifft die Europäische Kommission ihre Entscheidung, die dann umgesetzt wird.
Zum Hintergrund: Die Biozidprodukte-Verordnung sieht vor, dass alle in Biozidprodukten verwendeten Wirkstoffe zugelassen werden, bevor wiederum die jeweiligen Produkte zugelassen werden können. Um die Sicherheit und Wirksamkeit der Stoffe zu bewerten, erstellt das BPC wissenschaftlich fundierte Gutachten.
CMR-Einstufung vertagt: Desinfektionsmittel mit Ethanol weiter erlaubt
Damit heißt es vorerst Aufatmen, denn ethanolhaltige Desinfektionsmittel können weiterhin uneingeschränkt eingesetzt werden. „Wir begrüßen, dass die ECHA die Bewertung von Ethanol weiter prüft. Für uns ist klar: Wir werden uns nach wie vor für eine faktenbasierte und differenzierte Bewertung einsetzen – gemeinsam mit der deutschen Gesundheitswirtschaft, wissenschaftlichen Partnern und Fachverbänden“, macht unter anderem die Hartmann Gruppe deutlich.
Bereits im Vorfeld der ursprünglich für Ende November terminierten Entscheidung zur möglichen Neueinstufung hatten Expert:innen Alarm geschlagen und vor den damit verbundenen Folgen gewarnt. Unter anderem würden der Einsatz von Ethanol als Wirkstoff in Hand- und Flächendesinfektionsmitteln sowie Produktionsprozesse deutlich eingeschränkt und der Einsatz in Verbrauchsprodukten künftig ausgeschlossen.
Die Kritik am vom BPC eingeleiteten Verfahren: Die bisherige Gefahreneinschätzung basiere vor allem auf Daten zu missbräuchlichem oralen Alkoholkonsum. Im Rahmen einer professionellen Anwendung von Ethanol im Gesundheitsbereich finde eine Exposition jedoch nur über die Haut und in Ausnahmefällen inhalativ statt. Bisher gebe es keine Nachweise, dass eine entsprechende Anwendung von Desinfektionsmitteln und Co. eine CRM-Wirkung habe, wie zahlreiche internationale Organisationen, Verbände und Unternehmen deutlich gemacht haben.
Hinzu kommt, dass es bisher keine alternative Substanz mit ähnlicher nachgewiesener Wirksamkeit, Sicherheit und Verfügbarkeit gebe, was Ethanol unverzichtbar mache.
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