11,20 Euro: Risikoerfassung hoher Blutdruck uninteressant
Seit 2022 können Apotheken pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) anbieten. Doch nur die Hälfte der Apotheken macht mit und 475 Millionen Euro warten darauf, abgerufen zu werden. Zwar ist bei einigen pDL eine Steigerung zu erkennen. Ein Beispiel ist die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ mit einem Wachstum von 157 Prozent. Doch das Interesse für die Dienstleistung ist bei den Apotheken nicht so groß, sagt Abda-Präsident Thomas Preis. Der Grund: die geringe Vergütung.
Insgesamt 8.595 Apotheken erbrachten im zweiten Quartal pDL – das ist mehr als die Hälfte der 16.803 Apotheken in Deutschland. Im ersten Quartal wurden 9,9 Millionen Euro abgerufen – ein neuer Rekord. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Auszahlungsbetrag nahezu verdoppelt.
Für drei der fünf pDL stellte Preis auf der Pressekonferenz vor dem Deutschen Apothekertag in Düsseldorf die Zahlen vor.
- Genau 108.417 Patient:innen erhielten eine „erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik“, bei der die korrekte Anwendung von Inhalativa geschult wird. Ein Plus von 74 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.
- Die „erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“ wurde bei 65.062 Patient:innen von Apotheker:innen durchgeführt. Eine Steigerung von 70 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.
- Und auch die pDL „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ verzeichnet ein Wachstum und wurde 39.519-mal durchgeführt – ein Plus von 157 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.
Eine beachtliche Steigerung, doch Preis macht klar: „Das Interesse ist nicht so groß. Denn die pDL wird am schlechtesten bezahlt.“ Für die Dienstleistung kann ein Honorar in Höhe von 11,20 Euro netto abgerechnet werden. Für die Inhalatorschulung erhalten Apotheken 20 Euro und für die Medikationsanalyse 90 Euro.
Risikoerfassung hoher Blutdruck
Laut Schiedsspruch wird für die standardisierte Risikoerfassung eine Dauer von rund 14 Minuten eingeplant. Erbracht wird die Leistung von pharmazeutsichem Personal. Es wird davon ausgegangen, dass ein Anteil von 80 Prozent auf PTA oder von Apotheker:innen entsprechend geschultes Apothekenpersonal und 20 Prozent auf Apotheker:innen entfallen wird.
Die Risikoerfassung hoher Blutdruck soll die Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneitherapie durch eine strukturierte pharmazeutische Blutdruckkontrolle verbessern.
- Erfolgskontrolle der Blutdruckeinstellung; bei nicht-kontrolliertem Blutdruck, Verweis an den/die Ärzt:in
- Anpassung/Intensivierung einer antihypertensiven Therapie, wenn der Blutdruck zu hoch oder nicht kontrolliert ist
- Langfristig: Prävention hypertensiver Endorganschäden
- Identifizierung von Arrhythmien wie Vorhofflimmern
Ablauf: Risikoerfassung hoher Blutdruck
Durchgeführt wird eine standardisierte Dreifach-Messung gemäß der Standardarbeitsanweisung (SOP) nach BAK „Blutdruckmessung in der Apotheke“. Dazu werden drei Messungen im Abstand von ein bis zwei Minuten durchgeführt und der Mittelwert aus der zweiten und dritten Messung gebildet.
Der Wert ist zu dokumentieren.
So wird gemessen
- Vor der Messung ist eine Ruhepause von etwa fünf Minuten einzuhalten.
- Kund:in sollte entspannt sitzen – mit unterstütztem Rücken und abgelegten Armen.
- Bis etwa eine Stunde vor der Messung sollten Kund:innen auf koffeinhaltige Getränke, Alkohol und Nikotin verzichten.
- Messarm darf nicht durch zurückgeschobene Kleidung abgeschnürt werden.
- Kund:in nach vorliegenden Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern, Herzschrittmachern, arteriosklerotischen Gefäßveränderungen fragen.
- Drei Messungen durchführen – während der Blutdruckmessung nicht unterhalten.
- Bei der Messung am Oberarm ist der untere Rand der Manschette etwa 3 cm – zwei Querfinger – oberhalb des Ellenbogens zu positionieren.
- Luftschlauch muss sich auf der Innenseite des Arms befinden und soll in Richtung des Mittelfingers verlaufen.
- Handgelenkmessgerät ist auf Herzhöhe zu positionieren.
- Zweite und dritte Wiederholungsmessung nach ein bis zwei Minuten
In Abhängigkeit vom Mittelwert erhalten die Kund:innen eine konkrete Empfehlung zu weiteren Maßnahmen. Liegt der Wert oberhalb der definierten Grenzwerte, erhalten Versicherte die Empfehlung, sich zeitnah zur weiteren Abklärung an die Praxis zu wenden.
Wer hat Anspruch?
Versicherte, die mit Antihypertensiva behandelt werden, und zwar ab zwei Wochen nach Therapiebeginn, haben Anspruch auf die Risikoerfassung hoher Blutdruck. Zur antihypertensiven Therapie zählen unter anderem Blutdrucksenker wie Clonidin, Moxonidin, Doxazosin, Diuretika, Betablocker, Calciumkanalblocker und ACE-Hemmer sowie Sartane. Versicherte können die pDL einmal alle zwölf Monate in Anspruch nehmen. Eine zusätzliche Messung kann erfolgen, wenn die Medikation umgestellt wird. Jedoch ist ein erneutes Messen erst ab zwei Wochen nach dem Einlösen einer Neuverordnung möglich.
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