Wegeunfall: Was gilt vor Fahrtantritt?
Egal ob mit dem Auto, der Bahn oder dem Fahrrad: Unfälle, die auf dem Arbeitsweg geschehen, sind durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen. Doch gilt auch ein Vorfall vor Fahrtantritt als Wegeunfall?
2024 kam es zu knapp 170.000 Wegeunfällen – so viele wurden zumindest bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gemeldet. Geschieht auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Rückweg ein Unglück, übernimmt die Berufsgenossenschaft (BG) die Kosten für die Behandlung und eine eventuell notwendige Reha. Für PTA und andere Apothekenmitarbeiter:innen springt die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ein.
Doch es lauern Stolperfallen, beispielsweise wenn dabei Umwege genommen werden. Außerdem stellt sich die Frage, was gilt, wenn die Fahrt noch gar nicht begonnen hat. Gilt auch ein Unfall vor Fahrtantritt als Wegeunfall? Ja, heißt es in einem Urteil.
Was bei einem Wegeunfall zu tun ist, erfährst du hier.
Sturz beim Scheibenputzen: Wegeunfall auch vor Fahrtantritt
Was war passiert? Bevor sich ein Angestellter mit dem Auto auf den Weg zur Arbeit begab, reinigte er die Scheiben des Pkw. Dabei stürzte er über eine Gehwegstufe und brach sich den Finger, sodass er arbeitsunfähig ausfiel. Die zuständige Unfallkasse weigerte sich jedoch, die Kosten über Behandlung und Co. zu übernehmen, weil es sich ihr zufolge nicht um einen Wegeunfall handelte. Denn der Vorfall fand statt, bevor der Mann überhaupt im Auto auf dem Weg zu Arbeit saß.
Zur Erinnerung: Gemäß § 8 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch gilt als abgesicherter Wegeunfall generell „das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit“. Doch auch abweichende Wege können darunter fallen, beispielsweise, wenn Kinder zur Betreuung gebracht werden müssen oder wenn eine Fahrgemeinschaft mit anderen Beschäftigten gebildet wird.
Das sah das Sozialgericht Hamburg jedoch anders. Demnach kann auch ein Unfall vor Fahrtantritt als Wegeunfall angesehen werden. Denn der Arbeitsweg wird dadurch aus rechtlicher Sicht nicht unterbrochen, so das Urteil. Der Grund: Beim Scheibenputzen handelte es sich um eine sogenannte Vorbereitungshandlung, die das Antreten des Arbeitsweg überhaupt erst ermöglichen sollte. Ähnlich wie beim Eiskratzen im Winter sei somit ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung erkennbar.
Mehr noch: Die Richter:innen warnen sogar davor, entsprechende Tätigkeiten vom Versicherungsschutz auszunehmen. „Würde die Reinigung der Fahrzeugscheiben vom Versicherungsschutz ausgenommen, bestünde die Gefahr, dass Versicherte aus Sorge vor einem möglichen Verlust des Versicherungsschutzes geneigt wären, auf solche sicherheitsrelevanten Maßnahmen zu verzichten, um ihren Arbeitsweg formal ,unter Versicherungsschutz‘ fortzusetzen“, heißt es.
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