Weil eine Angestellte vor Ablauf der vereinbarten Zeit gekündigt hatte, forderte die Arbeitgeberin die Kosten für eine Fortbildung anteilig zurück. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat. Die Rückzahlungsklausel führe zu einer unangemessenen Benachteiligung.
Wissbegierige und fortbildungsaktive Angestellte wünschen sich wohl alle Arbeitgebenden. Kein Wunder, dass in einigen Fällen die Kosten übernommen werden. Ein Ziel ist es, Beschäftigte zu binden. Hier kommt die Rückzahlungsklausel ins Spiel – doch Angestellte können nicht pauschal zur Rückzahlung im Falle einer Kündigung verpflichtet werden. So lautet die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes.
Was war passiert? Eine Altenpflegerin hatte mit der Klinik vereinbart, dass diese die Kosten in Höhe von 4.000 Euro für eine Fortbildung übernimmt. Die Angestellte verpflichtete sich im geschlossenen Fortbildungsvertrag, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens sechs Monate fortzusetzen. Im Falle einer Kündigung vor Ablauf der Frist, müssen Fortbildungskosten an die Klinik zurückgezahlt werden.
Anfang Dezember schloss die Altenpflegerin die Fortbildung erfolgreich ab und kündigte wenige Tage zuvor das Arbeitsverhältnis zum 1. Februar des Folgejahres. Somit wurde die Sechs-Monats-Frist nicht eingehalten und die Klinik forderte die Kosten anteilig zurück. Die Angestellte klagte. Mit Erfolg, denn sowohl das Arbeitsgericht Würzburg als auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschieden zugunsten der Altenpflegerin. Auch die Revision blieb erfolglos.
„Die Rückzahlungsklausel führt zu einer unangemessenen Benachteiligung […] und ist deshalb unwirksam“, so das Bundesarbeitsgericht. Die Angestellte werde durch den mit der Rückzahlungsklausel ausgelösten Bleibedruck in ihrer arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit eingeschränkt.
„Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Da jedoch der Arbeitgeber in aller Regel keine Kenntnis von den Gründen hat, die den Arbeitnehmer zur Eigenkündigung bewogen haben, gilt eine abgestufte Darlegungslast“, heißt es im Urteil.
„An dem Fortbestehen eines nicht mehr erfüllbaren und damit ‚sinnentleerten‘ Arbeitsverhältnisses besteht in der Regel kein billigenswertes Interesse. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiert, ist dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.“
Wollen Arbeitgebende ihre Angestellten an den Fortbildungskosten beteiligen, wenn diese vor Ablauf bestimmter Fristen kündigen, so müssen bestimmte Fälle ausgeschlossen werden, in denen der/die Arbeitnehmende „wegen unverschuldeter Leistungsunfähigkeit die durch die Fortbildung erworbene oder aufrechterhaltene Qualifikation in dem mit dem Verwender der Klausel bestehenden Arbeitsverhältnis nicht (mehr) nutzen kann“.
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