Tropf- oder Dosierpumpe? Medikationsfehler bei flüssigen Zubereitungen
Dosierungsfehler sind in der ambulanten Therapie die am häufigsten berichteten Medikationsfehler. Die Folgen können Unter- als auch Überdosierungen sein. Unterschiedliche Wirkstoffkonzentrationen oder Applikationshilfen können vor allem bei flüssigen Zubereitungen die Ursache für Medikationsfehler sein, beispielsweise beim Arzneimittelaustausch wie im aktuellen Bulletin zur Arzneimittelsicherheit beschrieben wird.
Medikationsfehler können den Therapieerfolg gefährden und/oder unerwünschte Arzneimittelwirkungen verstärken. Was ist ein Medikationsfehler eigentlich? Laut Definition handelt es sich um einen unbeabsichtigten Fehler in der Medikation, der eine Schädigung des/der Patient:in zur Folge hat oder haben kann. Grundsätzlich gelten Medikationsfehler als vermeidbar, können aber sowohl Patient:innen, Ärzt:innen, Pflegekräften und auch Apothekenangestellten unterlaufen. Auch das Arzneimittel selbst kann die Ursache für Medikationsfehler sein, genauer gesagt eine veränderte oder ungeeignete Applikationshilfe sowie sogenannte Look-Alikes – also Arzneimittel in unterschiedlichen Stärken, aber mit ähnlichem Aussehen, die sich zum Verwechseln ähnlich sehen. Außerdem können Medikationsfehler nach einem Arzneimittelaustausch aufgrund geänderter Rabattverträge oder bei Lieferengpässen auftreten.
Tipp: Dosierung auf dem Umkarton und der Primärverpackung des Arzneimittels notieren. Dabei auf eine patientenfreundliche Umrechnung achten – Anzahl Tropfen oder Milliliter, die eingenommen werden sollen.
Unter welchen Umständen Arzneimittel austauschbar sind, regelt § 9 Absatz 3 Rahmenvertrag – gleicher Wirkstoff, identische Wirkstärke, gleiche austauschbare Darreichungsform, identische Packungsgröße und mindestens eine Übereinstimmung in den zugelassenen Indikationen. Maßgeblich für eine identische Wirkstärke ist laut Bulletin der Wirkstoffanteil pro Dosierungseinheit beziehungsweise abgeteilter Einheit. Bei Arzneimitteln in flüssiger Darreichungsform gibt es ein Problem: Die Dosierungseinheit ist nicht zwangsläufig einheitlich. Die Folge: Untereinander substituierbare Arzneimittel können in unterschiedlichen Konzentrationen auf dem Markt sein. Beispiele aus der Praxis sind Valproat-haltige Lösungen zum Einnehmen (für die allerdings ein Substitutionsausschluss gilt), Levomepromazin-haltige Tropfen zum Einnehmen, Tramadol-haltige Lösungen (Dosierpumpe oder Tropfvorrichtung, Achtung! Ein Hub entspricht fünf Tropfen), Haloperidol-haltige Tropfen (Tropf- oder Pipettenmontur) sowie Levetiracetam-haltige Lösungen (drei Varianten mit unterschiedlichen Dosierspritzen).
Medikationsfehler von flüssigen Zubereitungen: Darauf ist zu achten
- verordnete Dosierungen lassen sich nicht zwangsweise auf andere Dosiervorrichtungen und Applikationshilfen übertragen
- vulnerable Patientengruppen wie Kindern und über 65-Jährige sind besonders gefährdet
- Wirkstoffe mit enger therapeutischer Breite
- unterschiedliche Dosiervorrichtungen: Austausch von Tropfmonturen auf Pumpsysteme
- unterschiedliche Applikationshilfen: Dosierspritze oder Pipette
- physikochemische Unterschiede der Lösungen: Auch wenn die Wirkstoffkonzentration gleich ist, kann eine unterschiedliche Tropfanzahl nötig sein.
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