In der Apotheke stellte eine PTA die angeforderte Rezeptur her; dabei unterlief ihr ein gravierender Fehler: Statt 100 mg Meprobamat füllte sie dieselbe Menge Methadon in die Kapseln – für den Patienten ein folgenschwerer Rezepturfehler. Nun hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigt.
Ein falscher Griff im Generalalphabet, eine Verwechslung in der Rezeptur: Dass ein Patient durch die eigene Unachtsamkeit oder eine mögliche Verunreinigung wie zuletzt bei Noscapin-Hustensäften in Österreich zu Schaden kommen könnte, ist der Albtraum aller Apothekenmitarbeiter. Neben Schuldgefühlen kann jeder Fehler auch ein langes juristisches Nachspiel haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich jetzt mit falsch hergestellten Kapseln beschäftigen.
Warum ging es bei dem Rezepturfehler?
Der Vorfall liegt schon 20 Jahre zurück: Im April 2000 löste ein Asthmatiker in einer Apotheke in Stuttgart ein Rezept über Kapseln mit dem Wirkstoff Meprobamat in einer Dosierung von 100 mg ein. Der damals 63-Jährige nahm das Medikament schon seit mehreren Jahren ein, es sollte gegen Angstzustände helfen. Der Wirkstoff galt wegen seiner Nebenwirkungen und seines Suchtpotenzials eigentlich als obsolet, Fertigarzneimittel wie Miltaun waren schon Jahre zuvor in die Kritik geraten. Die Kapseln mussten daher in der Apotheke hergestellt werden.
In der Apotheke stellte eine PTA die angeforderte Rezeptur her; dabei füllte sie versehentlich statt 100 mg Meprobamat 100 mg Methadon in die Kapseln.
Was passierte nach dem Rezepturfehler?
Nachdem der Patient die Zubereitung in der Apotheke abgeholt hatte, wurde er einige Tage später von seiner Lebensgefährtin komatös in seiner Wohnung aufgefunden. Im Krankenhaus wurden ein multiples Organversagen, eine schwere Blutvergiftung und eine durch den Magensaft verursachte Lungenentzündung festgestellt. Sein Leben konnte zwar gerettet werden; er erlitt allerdings als Folge der Unterversorgung mit Sauerstoff einen schweren Hirnschaden.
Die Haftpflichtversicherung der Apotheke zahlte erhebliche Beträge auf die materiellen und immateriellen Schäden des Patienten.
Wie hat der BGH im Fall entschieden?
20 Jahre nach dem Vorfall beschäftigt die Sache noch immer die Gerichte: Vor dem BGH ging es um Schmerzensgeld in Höhe von 24.000 Euro und den Ersatz des Haushaltsführungsschadens in Höhe von 163.000 Euro. Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart waren zu gegenteiligen Entscheidungen gekommen; am Ende ging es um die Frage, wie viel Zeit die Lebensgefährtin für Pflege und Betreuung auf der einen und für die Haushaltsführung auf der anderen Seite aufwende.
Der BGH hat die Sache zurückverwiesen, um dem Betroffenen die Möglichkeit der Darlegung zu geben. Erst dann könnte der traurige Fall womöglich auch vor den Gerichten zu einem Abschluss kommen.
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