Insgesamt 14 Mal soll sich eine Angestellte in einer Apotheke in Barmstedt bei Elmshorn widerrechtlich Betäubungsmittel (BtM) verschafft haben, und zwar unter Vorlage gefälschter Rezepte. Dafür muss sie sich nun vor Gericht verantworten. Ihr droht eine Haftstrafe.
Rezeptfälschungen sind in der Apotheke keine Seltenheit. Meist werden diese vorgelegt, um illegal an BtM und andere begehrte Arzneimittel – unter anderem Ozempic, Mounjaro und Co. – zu kommen. Doch nicht nur vermeintliche Kund:innen nutzen falsche Rezepte, wie ein aktueller Fall vor dem Amtsgericht Elmshorn zeigt. Dort muss sich eine Apothekenangestellte verantworten, die sich über 15 Monate widerrechtlich BtM aus dem apothekeneigenen Bestand für den Eigengebrauch abgezweigt haben soll.
Insgesamt 14 Fälle werden der Frau zur Last gelegt. Konkret geht es um zwei Fälle, bei denen je 100 Tabletten Methylphenidat abgegeben wurden, sowie zwei Fälle mit je 52 Tabletten Medikinet akut (ebenfalls Methylphenidat). Hinzukommen zehn Flaschen zu je 100 ml Tilidin.
Wirkstoffcheck:
Methylphenidat gehört zu den Amphetamin-ähnlichen Substanzen. Der Arzneistoff wirkt stimulierend im zentralen Nervensystem. Das indirekte Sympathomimetikum hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin. Der Arzneistoff wird zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) eingesetzt.
Tilidin ist ein Prodrug mit nur schwacher Opioidwirkung, die aktive Substanz ist Nortilidin, die über den First-Pass-Effekt der Leber entsteht. Der Wirkstoff kommt bei starken und sehr starken Schmerzen zum Einsatz – häufig in Kombination mit Naloxon.
Apothekenangestellte wegen Abzweigen von BtM vor Gericht
Die genannten BtM wurden zwischen Oktober 2021 und Anfang Januar 2023 aus dem Bestand der Apotheke abgegeben – unter Vorlage gefälschter Rezepte, wie die Staatsanwaltschaft der Frau vorwirft. Die Verordnungen sollen aus sechs verschiedenen Arztpraxen aus Barmstedt und den Nachbargemeinden Elmshorn und Quickborn stammen. Während die angeklagte Apothekenangestellte selbst die Aussage bisher verweigert hat, haben die entsprechenden Ärzt:innen bereits ausgesagt, dass die Rezepte nicht von ihnen ausgestellt wurden und auch die vermerkten Patient:innen in ihren Praxen nicht bekannt seien.
Aufgeflogen ist das Abzweigen der BtM aus der Apotheke laut Aussage der Inhaberin bei der Kontrolle des BtM-Bestands Anfang Januar 2023. Dabei entdeckte eine andere Mitarbeiterin, dass weniger Tilidin vorrätig war, als eigentlich der Fall sein müsste. Dabei fiel der Verdacht auf die Angeklagte, weil diese den letzten Verkauf dokumentiert hatte. Anschließend ergaben sich weitere Unstimmigkeiten. In fast allen genannten Fällen seien die jeweiligen Arzneimittel im Warenwirtschaftssystem der Apotheke vom Account der Angeklagten gescannt worden.
Die Verhandlung wird Ende des Monats mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt.
Das Fälschen von Rezepten gilt laut § 267 StGB als Urkundenfälschung, die mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Das Abzweigen der BtM aus der Apotheke – sprich die widerrechtliche Beschaffung – stellt zudem einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz dar, im vorliegenden Fall in Tateinheit mit Diebstahl. Hierfür drohen ebenfalls eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
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