Tamoxifen: Risiko für Gebärmutterhalskrebs?
Brustkrebs gilt als häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jährlich werden allein hierzulande rund 70.000 Neuerkrankungen gemeldet. Bei der Behandlung spielt Tamoxifen eine entscheidende Rolle. Doch der Wirkstoff kann das Risiko für andere Krebsarten erhöhen.
Tamoxifen gilt als unverzichtbarer Bestandteil der Therapie von Patient:innen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom, sowohl in der kurativen als auch in der palliativen Behandlungssituation. Der Wirkstoff hemmt kompetitiv die Bindung von Östrogenen an zytoplasmatische Hormonrezeptoren. Die Folge ist eine Abnahme der Zellteilung in östrogenabhängigen Geweben. Tamoxifen kann das Rezidivrisiko senken und die Überlebenszeit verlängern.
Übrigens: Schätzungsweise eine von 100 Brustkrebserkrankungen betrifft Männer.
Doch unter der Behandlung drohen Nebenwirkungen. So wird unter anderem schon seit Längerem angenommen, dass das Risiko für andere Krebsarten unter Tamoxifen steigen kann. Genau können Patientinnen häufiger an Gebärmutterhalskrebs erkranken. Ein Forscherteam der Berliner Charité hat nun die Ursache entschlüsselt.
Tamoxifen: Risiko für andere Krebsarten steigt
Demnach liegt der Grund für das in seltenen Fällen erhöhte Krebsrisiko in der direkten Aktivierung eines spezifischen Tumorsignalwegs in der Gebärmutter. Denn für spontan auftretende Fälle von Gebärmutterhalskrebs typische Mutationen im sogenannten PIK3CA-Gen, die in der Regel das Tumorwachstum ankurbeln, fehlten bei Patientinnen, die unter Tamoxifen an Gebärmutterhalskrebs erkrankten. Stattdessen übernehme der Wirkstoff selbst diese Rolle. „Tamoxifen umgeht die Notwendigkeit genetischer Mutationen im PI3K-Signalweg, einem der wichtigsten Treiberwege bei Gebärmutterkrebs, indem es direkt den Stimulus für die Tumorentwicklung liefert“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Während Tamoxifen bei Brustkrebs somit das Tumorwachstum hemmt, wird dieses in der Gebärmutter angeregt oder sogar beschleunigt. „Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Aktivierung eines tumorfördernden Signalwegs durch ein Medikament möglich ist und eine molekulare Erklärung dafür liefert, wie ein sehr erfolgreiches Krebsmedikament paradoxerweise selbst Tumoren in einem anderen Gewebe begünstigen kann“, so die Forschenden.
Da dies jedoch nur in sehr seltenen Fällen beobachtet wurde, bleibe Tamoxifen weiterhin ein entscheidender Baustein in der Behandlung von hormonabhängigen Mammakarzinomen. Mithilfe der Erkenntnisse könnte jedoch das Risiko von Patientinnen besser abgeschätzt und eine gezieltere Behandlung mit engmaschiger Betreuung eingeleitet werden.
Das Team will zudem prüfen, ob ähnliche Mechanismen auch bei anderen Arzneimitteln festzustellen sind.
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