Sprachbarrieren in der Apotheke: Was gilt?
In Baden-Württemberg hat kürzlich eine Kinderarztpraxis für Wirbel gesorgt. Denn diese hatte per Aushang darauf hingewiesen, nur noch Patient:innen mit deutschsprachigen Eltern oder Dolmetscher:in behandeln zu können. Es folgte ein Shitstorm. Dabei können Sprachbarrieren auch die Beratung in der Apotheke erschweren.
Die Beratung zu Arzneimitteln und Medizinprodukten ist in der Apotheke Pflicht. Welche Aspekte dabei zu beachten sind und durch die Apothekenleitung sichergestellt werden müssen, ist in § 20 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geregelt. Dazu gehört unter anderem das gezielte Nachfragen, um festzustellen, ob der/die Gegenüber weiteren Beratungsbedarf hat. Entscheidend ist somit, dass Patient:innen auch verstehen, was ihnen PTA und andere Apothekenangestellte in der Beratung mitteilen.
„Eine klare Verständigung ist unerlässlich, damit Arzneimittel richtig angewendet werden können und der Gesundheit des Patienten dienlich sind“, heißt es von der Abda. Schwierig wird es jedoch, wenn nicht nur akustische Probleme vorliegen, sondern Sprachbarrieren die Beratung erschweren. Dann müssen Apothekenmitarbeiter:innen mitunter kreativ werden. So können Gestik und Mimik genutzt werden, um sich möglichst auch ohne Worte zu verständigen. Doch in einigen Fällen stößt auch dies an Grenzen. Um Patient:innen dennoch versorgen zu können und die Beratung trotz Sprachproblemen zu erleichtern, gibt es noch einige weitere Tipps.
Übrigens: Chef:innen können per Weisungsrecht zwar grundsätzlich auf eine Beratung auf Englisch bestehen, dabei müssen jedoch die unterschiedlichen Interessen gegeneinander abgewogen werden.
Bildsprache nutzen: Piktogramm-App
Um dazu beizutragen, Sprachbarrieren in der Apotheke zu überwinden, hat ein Team des Instituts für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg gemeinsam mit Apotheker:innen das Projekt „Unterstützte Kommunikation in der Apotheke“ (UKAPO) entwickelt. Dieses umfasst inzwischen auch eine kostenlose App, mit deren Hilfe Beratungsgespräche nach den Leitlinien der Bundesapothekerkammer trotz Sprachproblemen möglich sind. Über Bilder und zugehörige Audio-Unterstützung in verschiedenen Sprachen können Symptome, Vorerkrankungen und Co. weiter abgeklärt und anschließend auch Hinweise zur Anwendung des entsprechenden Arzneimittels geliefert werden. Von der jeweiligen Empfehlung kann außerdem eine Druckversion erstellt werden. Alternativ gibt es ein Piktogramm-Ringbuch in analoger Form.
Medizinische Phrasen in unterschiedlichen Sprachen
Hinzukommen verschiedene Online-Übersetzungsprogramme, die bei Sprachbarrieren eine Hilfe sein können, beispielsweise um erste Beschwerden abzuklopfen. Doch da diese mitunter nicht allzu genau sind – Stichwort Sinnhaftigkeit –, gibt es unter anderem über das Refugees Phrasebook eine spezielle Version für medizinische Themen. Das Medical Phrasebook enthält mehr als 150 medizinische Phrasen, darunter Fragen wie „Wo kann ich dieses Rezept einlösen?“. Diese können in unterschiedliche Sprachen übersetzt und auch als Druckversion erstellt werden, sodass sie im Beratungsgespräch möglichst einfach genutzt werden können.
Einige Apothekerkammern stellen außerdem entsprechende Arbeitshilfen für die Beratung zur Verfügung, in denen beispielsweise ebenfalls durch Piktogramme erklärt wird, wie bestimmte Darreichungsformen anzuwenden sind. Vom Verein für bildgestützte Sprachförderung und Kommunikation gibt es außerdem Anamnesebögen und Therapiepläne in unterschiedlichen Sprachen zum Ausfüllen zum kostenfreien Download. Auch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) stellt Informationen zu verschiedenen Erkrankungen und Behandlungen in mehreren Sprachen online zur Verfügung, sodass diese Patient:innen bei Bedarf ausgehändigt werden können.
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