Seit dem 1. Juli 2020 gilt bis zum Jahresende eine geringere Mehrwertsteuer von 16 statt 19 Prozent beziehungsweise 5 statt 7 Prozent. Damit sollte nach dem Lockdown die Konjunktur wieder angekurbelt werden. Ob dies geglückt ist und die Mehrwertsteuer-Senkung für ein Umsatzplus gesorgt hat, zeigen nun Daten des Statistischen Bundesamtes.
Das Wichtigste vorab: Trotz aller Skepsis ist der gewünschte Effekt der reduzierten Mehrwertsteuer allem Anschein nach eingetreten, berichtet das Online-Nachrichtenportal Welt unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Nach den finanziellen Einbußen durch die Geschäftsschließungen während des Lockdowns ist nun ein deutlicher Aufwind spürbar. Im Vergleich zum Februar 2020 hat die Mehrwertsteuer-Senkung zu einem Umsatzplus von 5,8 Prozent (nach Einberechnung der Inflation) im Einzelhandel geführt. „Damit hat der Handel die Scharte, die der Lockdown hinterlassen hatte, mehr als ausgewetzt“, betont Martin Moryson, Chefvolkswirt für Europa bei der Fondsgesellschaft DWS.
Doch damit nicht genug: Selbst verglichen mit dem Vorjahr zeigt die Tendenz nach oben. So hat der Einzelhandel im August 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt 3,7 Prozent mehr umgesetzt. Das gilt jedoch nur für einige Bereiche.
Erwartungen an reduzierte Mehrwertsteuer waren anfangs gering
Damit revidieren die aktuellen Daten die früheren Ergebnisse einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Letztere hatte in der zweiten Juni-Hälfte eine Online-Befragung zum Konsumverhalten von mehr als 6.000 Erwerbstätigen durchgeführt. Das Ergebnis: Knapp 75 Prozent der Befragten gaben an, trotz Mehrwertsteuersenkung ihr Konsumverhalten im zweiten Halbjahr 2020 nicht verändern zu wollen. Insgesamt rund 17 Prozent wollten Anschaffungen vorziehen oder die Mehrwertsteuersenkung für zusätzliche nicht geplante Anschaffungen nutzen. Der Effekt der Steuersenkung dürfte somit eher gering ausfallen, schlussfolgerte die Hans-Böckler-Stiftung. Auch das Apothekenpersonal zeigte sich vor dem Inkrafttreten der Regelungen in einer aposcope-Umfrage gespalten und zweifelte daran, dass die Maßnahmen den gewünschten Effekt erzielen. Doch nun steht fest: Die Mehrwertsteuer-Senkung sorgte für ein Umsatzplus – zumindest in einigen Branchen.
Mehrwertsteuer-Senkung bringt Umsatzplus – doch nicht für alle
Einen regelrechten Boom gab es vor allem in den Bereichen Einrichtung, Baubedarf und Haushaltsgeräte. Dort sorgte die Mehrwertsteuer-Senkung für ein Umsatzplus von 8,1 Prozent im Vergleich zwischen August 2020 und 2019. Lebensmittel- und Verbrauchermärkte verzeichnen dagegen einen geringeren Zuwachs von 2,9 Prozent, was auch daran liegen könnte, dass sich die reduzierte Mehrwertsteuer dort nur in einer vergleichsweise geringen Ersparnis widerspiegelt.
Bei einem Blick auf die Umsatzzahlen von Kaufhäusern, Bekleidungs- oder Schuhgeschäften zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Erstere mussten im August ein Minus von 2,5 Prozent im Vorjahresvergleich hinnehmen, bei Letzteren waren es sogar minus 10 Prozent.
Wichtig: Sorgen bereitet Wirtschaftsexperten zudem das Wachstum von 23 Prozent beim Online-Handel, welches auch nach der Pandemie anhalten und die stationären Einzelhändler mehr denn je bedrohen dürfte. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE fordert daher unter anderem ein Entgegenkommen bei den Mietkosten für Händler.
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